Die Abtei Neimënster legte diese Woche als einer der ersten Kulturbetriebe Luxemburgs eine Charta zum Kinderschutz vor. Mehr über die Hintergründe und den Inhalt.
Kinderschutz betrifft auch Kulturzentren: Die Abtei Neimënster verleiht dieser Ansicht mit der Einführung einer Charta zum Kinderschutz Ausdruck, einer der ersten dieser Art in Luxemburg. Dies teilte die Presseabteilung des Hauses am Montag, dem 4. März, mit.
Einer der Ausgangspunkte hierfür ist der Gesetzesentwurf zum Kinder- und Jugendschutz, über den derzeit in der zuständigen Kommission der Abgeordnetenkammer beraten wird. Darin steht unter anderem, dass jede Struktur, die regelmäßig oder gelegentlich Kinder und Jugendliche begrüßt, ein Schutzkonzept ausarbeiten muss. Das Neimënster fühlt sich zurecht von diesem Artikel angesprochen, denn es ist nicht nur eine öffentliche Kulturinstitution, sondern richtet sich mit seinem Angebot regelmäßig an ein junges Publikum und führt Projekte mit der Beteiligung von Minderjährigen durch.
Die Charta wurde mit Unterstützung von Susanna Greijer, unabhängiger Beraterin zu Kinderrechtsfragen, aufgestellt. Dazu teilten Teammitglieder Eindrücke aus dem Berufsalltag in ihrer Abteilung, ganz gleich ob diese unmittelbar oder indirekt mit Minderjährigen interagiert. Greijer schlug dem Team daraufhin Prozeduren vor, die in Rücksprache mit den Angestellten verabschiedet wurden. Auch externe Dienstleister*innen werden zur Einhaltung der Charta angewiesen.
Verhaltenskodex und Konsens
Das Neimënster erlegt sich selbst gleich mehrere Pflichten auf, darunter die Einstellung von Personal, das mit den Werten der Charta übereinstimmt oder das Angebot thematischer Weiterbildungen für Angestellte, die ihr Wissen über Kinderrechte erweitern möchten. Das Neimënster benennt zudem ein*en Beauftragte*n für den Kinderschutz.
Diese Person darf nicht der Unternehmensleitung angehören, kann aber Teil des Teams sein oder außerhalb des Kulturzentrums tätig sein. Die*der Auserwählte nimmt Meldungen über mögliche Missbrauchsfälle oder Verstöße gegen die Charta entgegen; sammelt Informationen zu Kinderrechten, Fragen und Sorgen und leitet nötige Maßnahmen ein. Im Gegenzug ist es für die Angestellten Pflicht, der oder dem Beauftragten jeden Verstoß gegen die Charta oder andere in Bezug auf den Kinderschutz relevanten Beobachtungen zu melden. Die detaillierte Prozedur ist in der Charta aufgeführt, genauso wie eine Liste mit Begriffserklärungen.
Dort werden nicht nur die Verhältnisse zu den Minderjährigen definiert, sondern auch Straftaten wie körperliche und sexualisierte Misshandlung, psychologische Gewalt, Kinderhandel oder Vernachlässigung erläutert. Die Mitarbeitenden erhalten außerdem Tipps, wie sie Anzeichen von Misshandlung bei den Minderjährigen und ihren Erziehungsberechtigten erkennen können sowie was im Verdachtsfall zu tun ist: Nicht abwarten, sondern sofort mit dem oder der Beauftragten für Kinderschutz sprechen.
Darüber hinaus enthält das Dokument einen Verhaltenskodex für den Umgang mit Minderjährigen. So werden Angestellte beispielsweise dazu aufgefordert, eine kindgerechte Sprache anzuwenden und Kinder sowie ihre Erziehungsberechtigten auf Risiken hinzuweisen, die mit verschiedenen Aktivitäten verbunden sein könnten. Auch wird das Personal dazu angeregt, die Minderjährigen und ihre Geschichten ernstzunehmen und darauf zu achten, dass bei jeder Aktivität mindetens zwei Erwachsene anwesend sind. Ist letzteres unmöglich, sollten sich die Mitarbeitenden in Sichtweite ihrer Kolleg*innen oder anderer Erwachsenen mit den Minderjährigen austauschen.
Untersagt sind selbstverständlich jegliche sexuellen Kontakte oder sexualisierten Kommentare; physische und psychologische Gewalt – auch unter den Minderjährigen; oder etwa auch die Einschränkung der Handlungsfreiheit der Kinder. In dem Sinne enthält die Charta auch ein Formular, in dem die Kinder altersgerecht nach ihrer Zustimmung befragt werden: Wollen sie an einem Projekt teilnehmen? Wollen sie fotografiert werden? Ein vergleichbares Dokument exisitiert auch für die Eltern.
Demnächst will das Neimënster die Charta in kinder- und jugendgerechte Sprache übersetzen, auch eine illustrierte Version für Kleinkinder ist geplant. Allgemein soll die Charta alle drei Jahre evaluiert und gegebenenfalls angepasst werden.