Am 21. April kommen luxemburgische und österreichische Expert*innen in Sachen Wohnpolitik zusammen, um über die Rolle von Gemeinden bei der Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum zu diskutieren.
„Boden g’scheit nutzen” lautet der Slogan des Baukulturgemeinde-Preis 2021 des österreichischen Vereins LandLuft. Unter dem Motto sollen unter anderem der „innovative Umgang mit Grund und Boden“ sowie vorbildliche kommunale Bodenpolitik ausgezeichnet werden. LandLuft setzt sich seit 1999 für die Förderung von Baukultur in ländlichen Räumen ein. Der Verein versteht sich als Katalysator und Dynamo für kommunale Projekte, beispielsweise zur Leerstandbelebung. Vorstandsmitglied Josef Mathis ist am 21. April in Luxemburg zu Gast und präsentiert sein Exposé „Wohnraum für Alle/Leistbares Wohnen/Gemeinwohlorientierte Raumordnung Voralberg und die Initative VAU|Hoch|Drei“.
Mathis ist damit Teil der Vortragsreihe und Diskussionsrunde „Les communes et le logement abordable“, organisiert vom Ordre des architectes et des ingénieurs-conseils (OAI). Neben Mathis trägt auch Antoine Paccoud, Geograph und Koordinator des Observatoire de l’Habitat, ein Exposé vor: „Le verrour du foncier au Luxembourg“. Bevor Mathis und Paccoud zu Wort kommen, werden drei „Best Practices“ in Sachen Wohnraum in Luxemburg vorgestellt. Darunter Projekte zu sozialem und intergenerationellem Wohnen, die Renovierung eines Bauernhofs und die Solar Community Schwebach durch die Administration communale de Saeul. Bei der abschließenden Diskussionsrunde sitzen wichtige Akteur*innen der luxemburgischen Wohnraumpolitik und der Landnutzung am Tisch: Taina Bofferding (Innenministerin), Lydie Polfer (Bürgermeisterin der Stadt Luxemburg), Sala Makumbundu (Archtiektin und Generalsekretärin des OAI), Henri Kox (Wohnungsbauminister), Emile Eicher (Präsident des Syvicol) und Jean-Paul Scheuren (Präsident der Chambre immobilière). Im Mittelpunkt der Konferenz stehen die Gemeinden und ihr Beitrag zu bezahlbarem Wohnraum, oder wie es auf der Einladung zur Konferenz steht: „Les communes génératrices du logement abordable, une symbiose à promouvoir. Apprendre de l’exemple autrichien.“
Schafft es Luxemburg mit einem Spickzettel aus der Wohnungskrise? Die Situation läuft zunehmend aus dem Ruder. Vor Kurzem meldete der Statec, dass die Kaufpreise für neue und alte Immobilien im vierten Quartal 2020 um 16,7 Prozent gestiegen sind. Der „Deloitte Property Index 2020“ kürt Luxemburg-Stadt mit durchschnittlich 30,72 Euro Miete pro Quadratmeter zur teuersten Stadt aus 16 analysierten EU-Ländern. Gleichzeitig nehmen die Angebote der Gestion locative sociale (GLS) nur mäßig zu: Von 2019 auf 2020 stieg die Anzahl der Immobilien von 845 auf 936. Neue Partnerschaften kamen nicht hinzu. Es blieb bei 29. Das Ziel der GLS ist es, leerstehende Privat-Immobilien zu vermieten, 30 bis 40 Prozent unter Marktwert. Die Wohnräume werden von Partnerorganisationen verwaltet, die Geringverdiener*innen ein Dach über dem Kopf vermitteln. Unter den Partner*innen befinden sich derzeit 14 Gemeinden. Das Ministerium für Wohnungsbau rundet in einer rezenten Pressemitteilung zur GLS großzügig auf und spricht von „près de 1.000 logements“, die Ende 2020 durch das Projekt genutzt wurden. Beim rasanten Anstieg der Wohnungspreise scheint das ein Tropfen auf den heißen Stein.
Ähnlich ernüchternd ist die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Semiray Ahmedova (déi Greng). Die erkundigte sich nach der Schaffung eines „Guichet des demandeurs d’un logement social“. Zur Zeit müssen sich Haushalte, die nach einer Sozialwohnung suchen, separat bei den einzelnen Anlaufstellen melden (Sozialämter, Fonds du Logement und so weiter). Wohnungsbauminister Henri Kox gab letzte Woche in seiner Antwort zu, dass keine „base de données nationale dans laquelle serait répertoiré l’ensemble des logements locatifs sociaux“ existiert. Das bringe mit sich, dass die Wartelisten aufgrund der hohen Anfragen nicht nur lange seien, sondern auch noch unübersichtlich: Manche Haushalte würden mehrfach auf unterschiedlichen Listen geführt. Abgesehen davon seien die Anmeldeprozeduren unnötig komplex, schreibt der Wohnungsbauminister.
In der Arbeitsgruppe „Registre national des logements abordables“ wird derzeit an einem „Guichet unique“ gearbeitet. Grob zusammengefasst sollen eine zentrale Anlaufstelle für Betroffene sowie ein Organ entstehen, das die Verwaltung der „logements abordables“ und den „suivi des locataires“ übernimmt. Bis dahin bleibt die Situation angespannt und chaotisch. „Boden g’scheit nutzen“? Ja, auch – und noch viel mehr.
Wer an der Veranstaltung des OAI teilnehmen will, kann sich unter diesem Link und mit dem Code LU2021 anmelden. Die Konferenz dauert von 15:30 bis 18:00 Uhr und findet sowohl vor Ort in der Luxexpo „The Box“ als auch online statt. Die Diskussionsrunde wird von Pierre Hurt, Präsident des OAI, moderiert.
Das könnte Sie auch interessieren:
- Leerstandbekämpfung: Weg sucht Wille
- Mietpreiserhöhung: Aufgeschoben heißt nicht aufgehoben
- OGBL zeigt Wohnungsbauministerium Gelb/Rot
- Lettre ouverte de Rentvolution – Homes for People, Not Profit : Nous soutenons la Journée européenne pour le droit au logement
- Déguerpissements : pas de données, donc pas de politique