Luftqualität: Was tun für bessere Luft?

Städte und ihre Bewohner*innen 
leiden unter schlechter Luftqualität. Ein Bericht der Europäischen Umweltagentur zeigt Lösungswege auf.

Die Messstation an der Place Churchill dient auch zur Information. Ob neben der vielbefahrenen Straße viele Menschen verweilen, ist aber eher ungewiss. (Foto: CC-BY-SA Cayambe/Wikimedia)

In Madrid laufen Ermittlungen gegen eine Transportfirma, vier Menschen werden verhaftet. Der Grund sind nicht etwa Schmuggel oder illegale Beschäftigungspraktiken, sondern: Luftverschmutzung mit Vorsatz. Am 27. März machte Europol per Pressemitteilung darauf aufmerksam. Die Firma hatte in 30 Lastwägen sogenannte „Emulatoren“ eingebaut. Diese Geräte sorgten dafür, dass die Firma auf die teure Instandhaltung der Abgasnachbehandlung verzichten konnte.

790.000 vorzeitige Tote im Jahr, beinahe doppelt so viele wie bisher angenommen. Das war die Schlussfolgerung einer Studie, die mit neuen Berechnungsmethoden untersuchte, welche Auswirkungen die schlechte Luftqualität auf die Bevölkerung in Europa hat. Weder bei dem internationalen Forschungsteam, noch bei der Europäischen Umweltagentur EEA scheint die Botschaft mancher deutscher Lungenärzt*innen, die sich vehement weigerten, die wissenschaftlichen Erkenntnisse bezüglich der tödlichen Wirkung von Luftschadstoffen wie Stickoxiden (NOx) oder Feinstaub (PM) anzuerkennen, angekommen zu sein. Das ist gut so – die deutschen „Kritiker*innen“ argumentierten nämlich unwissenschaftlich.

Die EEA hat am 20. März eine Studie veröffentlicht, in der die Luftqualitätspolitik zehn europäischer Städte untersucht wurde. Dabei stand vor allem die Frage im Mittelpunkt, was die lokalen Politiker*innen tun können, um die Luftqualität – und damit die Gesundheit ihrer Bürger*innen – zu verbessern. Stadtbewohner*innen sind nämlich besonders gefährdet. Vor allem wenn man, wie die EEA, sich auch anschaut, wie viele Menschen in urbanen Gebieten von Schadstoffkonzentrationen betroffen sind, die über den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO liegen. Beim gefährlichen PM2.5-Feinstaub sind das nämlich 74 bis 84 Prozent, beim bodennahen Ozon gar 95 bis 98 Prozent. Lediglich beim durch den Diesel-Skandal berühmt gewordenen Stickstoffdioxid (NO2) sind es nur rund 8 Prozent der Städter*innen in Europa, die höheren Konzentrationen ausgesetzt sind, als es EU und WHO vorgeben.

Mit Modellen gegen dicke Luft

Um den Einfluss dieser Schadstoffe überhaupt einschätzen zu können, müssen sie zuerst einmal gemessen oder modelliert werden. Das passiert in sogenannten „lokalen Emissionsinventaren“, in denen die verschiedenen Quellen, die die Luft verschmutzen, katalogisiert werden. Die Städte, die an der Studie der EEA teilnahmen, haben in der Mehrzahl in den letzten Jahren versucht, mehr Schadstoffe zu messen – auch solche, die bisher nicht von der EU reglementiert sind. Auch die Einbeziehung von Quellen, die bisher nicht in Modelle eingeflossen sind, wie beispielsweise die Binnenschifffahrt, sind Neuerungen.

Das ist wichtig, denn nicht immer sind die Quellen der Schadstoffe genau bekannt. Die meisten NO2-Emissionen kommen aus dem Verkehr, die meisten Feinstaub-Emissionen jedoch von Gebäudeheizungen. Allerdings stammt der Großteil der Rußpartikel („black carbon“) aus dem Verkehr – diese gelten als besonders gefährlich für die menschliche Gesundheit. Holzöfen, von denen manchmal behauptet wird, sie würden aus der Luftqualitätsdebatte ausgeschlossen, sind besonders schwer zu erfassen, da der Schadstoffausstoß sehr von dem verwendeten Brennmaterial und der Art des Ofens abhängt.

Es gibt keine Wunderlösung

Es fehlt den Städten auch meist an guten und verlässlichen Daten für die Intensität und Zusammensetzung des Verkehrs. Diese wären jedoch wichtig, um Modelle zu erstellen, mit denen die Auswirkungen von bestimmten Maßnahmen getestet werden könnten. Ein Fahrverbot, wie es in manchen deutschen Städten besteht, kann im Computermodell simuliert werden, bevor es in Kraft tritt. In der schwedischen Stadt Malmö wurde beispielsweise ein Szenario modelliert, in dem keine Verbrennungsmotoren mehr eingesetzt werden. Würde dies tatsächlich umgesetzt, bedeutete das einen Rückgang von bis zu vier Prozent der vorzeitigen Tode und weniger Asthma bei Kindern, so die Simulation.

Mit solchen Simulationen können auch mögliche Maßnahmen evaluiert werden, um die Situation an Messstellen mit besonders hohen Werten zu verbessern. Das kann von der Umstellung städtischer Busse über ein Software-Update für Dieselautos bis hin zu einem Fahrverbot für selbige reichen. In Berlin wurde das Tempolimit für manche Straßen auf 30 km/h verringert und die Ampeln synchronisiert („Grüne Welle“), was eine signifikante Reduktion der Luftschadstoffe zur Folge hatte. Im luxemburgischen Luftqualitätsplan wird ein niedrigeres Tempolimit zwar erwähnt, aber als nicht überall wirksam abgetan. Die Maßnahmen, die im Plan konkreter beschrieben werden, sind allesamt solche, die zum Kauf von „sauberen“ PKWs oder zur Reduktion des Treibstoffverbrauches anregen sollen.

Eine „Wunderlösung“ für die Luftqualität zeigt der Bericht der EEA jedoch nicht auf. Vielmehr wird einmal mehr klar, dass es sich bei Luftschadstoffen um ein vielschichtiges Problem handelt, in das mehrere Faktoren einfließen. Fahrverbote, wie sie in manchen deutschen Städten umgesetzt werden, können höchstens Symptombekämpfung sein. Die Ursachen haben viel damit zu tun, wie der städtische Raum gestaltet wird. Eine Stadtplanung, die den öffentlichen Nahverkehr, das Radfahren und das Zufußgehen bevorzugt, kann einiges bewirken. Eine dichte, geschlossene Bauweise lässt sich leichter mit Fernwärme versorgen als freistehende Einfamilienhäuser. Selbst wenn die Luftqualität in Luxemburg noch nicht besorgniserregend schlecht ist: Es gibt vielerorts Beispiele, von denen sich das Großherzogtum eine Scheibe abschneiden könnte.


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