Medienlandschaft: In eigener Sache

Ein Jahr Pressehilfereform. Aus Sicht der woxx bietet sich eine durchwachsene Bilanz.

Foto: Pixabay

Vor einem Jahr, genauer am 30. Juli 2021, wurde das Gesetz „relative à un régime d’aides en faveur du journalisme professionnel“ veröffentlicht. Damit sollte im Bereich der „geschriebenen“ Medien eine Paradigmenwechsel stattfinden. Die staatliche Pressehilfe wurde bis dahin entsprechend des redaktionellen Umfanges ausgezahlt. Für den neuen Berechnungsmodus gilt stattdessen die Zahl der vom Herausgeber festangestellten Journalist*innen.

Ein weiterer Aspekt ist die Einbeziehung sogenannter Onlinemedien, für die es davor lediglich ein Übergangsregime gegeben hatte. Das Prinzip, nur Zeitschriften zu finanzieren, die käuflich erworben werden, wurde ebenfalls abgeschafft, denn – so hieß es – einige der Onlinemedien würden ihre Inhalte ebenfalls unentgeltlich zur Verfügung stellen. Damit war der Weg frei, Gratis-Zeitungen staatlich zu bezuschussen – das alte Pressehilfegesetz hatte diese noch ausdrücklich ausgeschlossen.

Wochenzeitungen profitieren am wenigsten vom neuen Gesetz.

Es ist sicher noch zu früh, um einzuschätzen, zu welchen strukturellen Änderungen die neue Pressehilfe letztendlich führen wird. Die sichtbarsten Konsequenzen – das Verschwinden von „Le Jeudi“ und die Wandlung des „Journal“ in eine reine Onlinepublikation – waren ja schon vorher in „vorauseilendem Gehorsam“ geschehen.

Dass die Wochenzeitungen am wenigsten von der neuen Pressehilfe profitieren, ist bekannt: Relativ kleine Redaktionsteams liefern gut recherchierte, umfangreiche Beiträge ab. Dieser Aufwand wird nicht mehr vergütet. Und im Vergleich zur Online-Konkurrenz fallen ganz andere Grundkosten (Druckerei, Versand …) an, die den Anteil der Pressehilfe, der zur finanziellen Besserstellung der Redaktionen zur Verfügung steht, dahinschwinden lassen.

Für die woxx-Leser*innen haben sich daraus bereits einschneidende Änderungen ergeben: Getreu dem Motto „weniger ist mehr“ wurde der Umfang der Zeitung kontinuierlich reduziert, ein Prozess, der im kommenden Oktober gänzlich abgeschlossen sein soll. Statt im Durchschnitt 36 Seiten, wie noch im Herbst 2021, sollen die normalen Ausgaben dann nur mehr 24 Seiten umfassen. Wohlgemerkt, ohne Zahl oder Umfang der redaktionellen Beiträge zu reduzieren – im Gegenteil. Erreicht wird dies durch ein Straffen des Agendateils und durch ein kompakteres Layout.

Eine weitere Konsequenz der Reform: Als Wochenzeitungen gelten Publikationen, die fünfzigmal im Jahr erscheinen. Neben der traditionellen Pause zwischen Weihnachten und Neujahr können wir also eine zusätzliche Woche aussetzen. Wir haben uns dieses Jahr für übernächsten Freitag den 12. August entschieden, was hilft, das Sommerloch etwas zu verkürzen.

Dem woxx-Team hat neben dem Aufwand der Neugestaltung auch der Weggang eines langjährigen Kollegen – der zumindest teilweise der neuen Gesetzeslage zuzuschreiben ist – zu schaffen gemacht. Der woxx-Einheitslohn hat sich zwar etwas verbessert, aber er erlaubt es kaum, erfahrene Kolleg*innen bei den konkurrierenden Medien wegzuloben. Dafür hat die woxx eine reiche Erfahrung darin, jungen, talentierten Journalist*innen eine Plattform zu bieten. Aus ihren Reihen sind erfolgreiche Redaktionsmitglieder oder gar Chefredakteure anderer Medien hervorgegangen. Doch den Spieß einmal umzudrehen und sich „berufserfahrenes“ Personal von woanders herbeizuholen, sollte uns in den letzten Monaten nicht gelingen.

Neben dem Spagat die erzwungene Umgestaltung mit weniger personellen Ressourcen hinzubekommen, gilt alle Aufmerksamkeit auch der finanziellen Entwicklung des Projektes. Zwar wurden die letzten Jahre trotz Corona mit einem leichten Plus abgeschlossen, aber die neue Pressehilfe verlangt eine entsprechende Eigenfinanzierung „in cash“. Freiwillige Eigenleistungen etwa in Form von unentgeltlicher Mitarbeit in der Redaktion, an Fortbildungen oder in den Verwaltungsgremien werden nicht honoriert.

In diesem Sinne ging in diesen Tagen ein Schreiben an die Genossenschaftsmitglieder. Weitere an die Abonnent*innen und die Online-Mitlesenden werden folgen. Man könnte meinen, die woxx sei wie immer knapp bei Kasse. Doch lässt es sich auch so formulieren: Jeder zusätzlich investierte Euro wird vom Staat mit zwei Euro vergütet. Nicht für die eigene Tasche, aber für ein unabhängiges Medienprojekt.


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