Vor 40 Jahren wurde ein strammer Rechter zum US-Präsidenten gewählt. Es folgten 12 Jahre republikanische Dominanz mit Höhen und Tiefen.
Am 20. Januar 2021 wird normalerweise der älteste Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten feierlich seinen Amtseid ablegen. Ganz gleich, wer von den beiden Kandidaten die Wahlen am kommenden 3. November gewinnt, er wird den Altersrekord toppen – aufgestellt von Donald Trump Anfang 2017. Diesmal wäre Joe Biden mit 78 oder Trump mit 74 der älteste Präsident bei Amtsantritt. Zuvor lag der Rekord bei 69 Jahren – aufgestellt 1985 von Ronald Reagan.
Ist Trump ein zweiter Reagan? Den Spruch „Make America great again“ hat er jedenfalls bei seinem Vorgänger abgeschaut. Er besetzt wieder den rechten Rand des politischen Spektrums und schafft es, populäre Wähler*innen zu mobilisieren. Und wie Reagans Sprüche lösen wie Trumps Tweets entrüstete Reaktionen aus … auch wenn viele davon eigentlich an erster Stelle einfach Unsinn waren und sind. Doch die Unterschiede zwischen den beiden sind erheblich, ob in wirtschaftlichen, gesellschaftspolitischen oder außenpolitischen Fragen. Und: Das zweite Mandat muss Trump erst noch erringen.
Donald ist nicht Ronald
Sein erstes Präsidentenmandat hat Reagan, anders als der jetzige Amtsinhaber, mit einem Erdrutschsieg gewonnen. Sein Gegner, der scheidende Präsident Jimmy Carter, war durch die wirtschaftliche Lage und durch das Scheitern einer Geiselbefreiung im Iran geschwächt. Als gemäßigter Demokrat konnte er außerdem den fortschrittlichen Flügel seiner Partei nicht mobilisieren.
Das war der Beginn der „Reagan Revolution“: In Anwendung der neoliberalen Wirtschaftstheorien senkte er Steuern und Staatsausgaben. Das war der Startschuss für einen weltweiten Umbruch, dessen Folgen noch heute andauern. In Großbritannien führte Margareth Thatcher ähnliche „Reformen“ durch, in Frankreich entschied François Mitterand nach zwei Jahren Sozialismus, es mit Austerität zu versuchen. Auch die Europäischen Union wurde in den 1980ern dauerhaft auf einen neoliberalen Kurs gebracht, der den Markt über alles stellt und den Sozialstaat geringschätzt.
Neoliberale Revolution
In den USA führten die Steuerkürzungen, kombiniert mit der Verdopplung des Militärbudget zu einem riesigen Haushaltsdefizit. Doch Reagan, im Buch „American Political History“ von Donald T. Critchtow als „solider Konservativer“, aber auch als „Pragmatiker“ charakterisiert, konnte das nichts anhaben. Er gewann mit fast 20 Prozentpunkten Vorsprung vor dem Demokraten Walter Mondale, der mit Geraldine Ferraro als potenzielle Vizepräsidentin ins Rennen gegangen war – das erste Mal, dass eine große Partei eine Frau nominierte.
In der Demokratischen Partei gab es in den 1980ern einen starken Linkstrend, unter anderem symbolisiert von der Rainbow Coalition, einem Zusammenschluss von unter anderem ethnischen und sexuellen Minderheiten sowie ökonomisch Benachteiligten. Ihr Leader Jesse Jackson kandidierte bei den Primaries von 1984 und 1988 und versuchte, Einfluss auf die Ausrichtung der Partei zu nehmen. Auf der anderen Seite sprach sich, wie Critchtow schreibt, „eine neue Generation von Demokraten“ für eine weniger linke Ausrichtung aus – darunter ein gewisser Bill Clinton.
Krieg und Frieden mit der Sowjetunion
Doch einstweilen hatte in den USA die „New Right“ Oberwasser, mit einem Präsidenten, der ihre Agenda durchsetzte: religiöser Konservatismus, neoliberale Wirtschaftspolitik und eine harte Haltung gegenüber der Sowjetunion. Man bemerke die Unterschiede zu Trumps unklarer Haltung in der Gesellschaftspolitik, seiner Neigung zum Protektionismus und seiner ineffizienten Außenpolitik.
Gerade beim Verhältnis zur Sowjetunion vollzog der Pragmatiker Reagan allerdings nach 1984 eine 180-Grad-Wende: Er begann Abrüstungsverhandlungen mit dem Staat, den er noch 1983 als „Reich des Bösen“ hatte besiegen wollen. Rosig war die Bilanz seiner Außenpolitik nicht wirklich: Vor allem die Iran-Contra-Affäre, die ans Tageslicht brachte, wie illegale, über Israel abgewickelte Waffenverkäufe an den „Feind“ Iran dazu dienten, den „schmutzigen“ Guerillakrieg gegen das „kommunistische Regime“ in Nicaragua zu finanzieren. Reagan wollte von alldem nichts gewusst haben – schließlich hatte er den Amerikaner*innen versprochen, sie würden wieder stolz auf ihr Land sein können …
Der unterschätzte Bush
Auf den ehemaligen Schauspieler und guten Redner folgte sein achtjähriger Vizepräsident, der eher farblose George H. W. Bush, auch als George Bush senior bezeichnet. Der hatte keine Schwierigkeiten, sich 1988 gegen den schwachen demokratischen Kandidaten Michael Dukakis durchzusetzen. Bush profitierte von der Popularität seines Vorgängers, profilierte sich aber auch als geschickter Außenpolitiker. Seine Zurückhaltung während der antikommunistischen Erhebungen von 1989 dürfte dazu beigetragen haben, dass der Zusammenbruch der Sowjetunion weitgehend friedlich vonstatten ging. Auch die Art und Weise, wie er 1990 eine breite internationale Koalition gegen Saddam Hussein zusammenbrachte und -hielt, kontrastiert mit dem desaströsen 2003er Irakkrieg seines Sohnes.
Viele Linke hüben und drüben sahen damals in Bush einen imperialistischen und stramm rechten Präsidenten in den Fußstapfen Reagans. Rückblickend aber lässt sich sagen, dass Reagans Sturheit oft mehr rhetorisch als real war. Was Bush senior angeht, so war er eher ein Zentrist, sowohl in der Außen- wie auch in der Innenpolitik. Wie er trotzdem nach vier Jahren sein Amt verlor und von einem nicht minder zentristischen Demokraten ersetzt wurde, erfahren Sie in Teil 3 der Serie.
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