Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán kündigte am Mittwoch auf seiner Facebookseite ein Referendum zu einem queerfeindlichen Gesetz an. Auf eine ehrliche Antwort hat er es nicht abgesehen: Geplant sind Fangfragen und außerdem ist das Gesetz schon in Kraft getreten.
Nach Kritik und Protesten aus dem In- und Ausland gab der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán am Mittwoch auf Facebook ein Referendum zu einem LGBTIQ-feindlichen Gesetz bekannt. „Brüssel hat Ungarn wegen des Gesetzes in den vergangenen Wochen klar attackiert“, zitiert ihn das Medienportal Queer.de. „Wenn der Druck auf unser Land so stark ist, kann Ungarn nur durch den gemeinsamen Willen des Volkes geschützt werden.“ Orbán hat zu dem Zweck sogar das Referndumsverbot aufgehoben, das er aufgrund der Pandemie ausgerufen hatte. Wann die Volksabstimmung stattfindet, ist derzeit noch unklar.
Das umstrittene Gesetz verbietet Minderjährigen den Zugang zu kulturellen Produktionen und Medien, die LGBTIQ-Themen beinhalten. Dasselbe gilt für den Sexualkundeunterricht an Schulen, der ab sofort nur noch von Organisationen abgehalten werden darf, die von der Regierung damit beauftragt wurden.
Bei der Volksabstimmung will Orbán von seinen Bürger*innen wissen, ob sie die sexuelle Aufklärung von Minderjährigen ohne elterliche Erlaubnis befürworten und die Bewerbung von Geschlechtsangleichung sowie entsprechende Operationen bei Minderjährigen gutheißen. Ferner fragt er, ob sie damit einverstanden sind, dass Minderjährige Zugang zu Medienberichten haben, die ihre sexuelle Entwicklung und ihre Geschlechtsidentiät beeinflussen.
Keine dieser Fragen entlarvt den diskriminierenden Charakter des Gesetzes. Orbán macht es den Teilnehmer*innen damit bewusst schwer, sich zum eigentlichen Gegenstand des Textes zu äußern. Wer sich gegen geschlechtsangleichende Operationen im Kindesalter ausspricht, lehnt sich zum Beispiel nicht unbedingt gegen ein Märchenbuch mit queeren Held*innen auf. Ganz davon abgesehen, dass man eine sexuelle Orientierung oder eine Geschlechtsidentität nicht bewerben, sondern höchstens vom Stigma befreien kann.
Orbán will Brüssel mit diesem Referendum eindeutig den Mittelfinger zeigen, nachdem die EU-Kommission letzte Woche zwei Vertragsverletzungsverfahren gegen sein Land einreichte. Eins davon wegen des queerfeindlichen Gesetztes, eins wegen der Missachtung des Asylrechts. Parallel dazu läuft ein Rechtsschutzverfahren gegen Ungarn, das mit der Aufhebung seiner EU-Mitgliedschaft enden könnte.
Wäre die konservative Regierung tatsächlich um einen Dialog mit seinen Bürger*innen bemüht, hätte sie das Referendum vor Verabschiedung des Gesetzes abgehalten und nicht nachdem es bereits in Kraft getreten ist. Spannend wird es, wenn die ungarische Bevölkerung Orbáns Fragen wider seiner Erwartungen bejaht. Was Orbán dann tut, bleibt abzuwarten.
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