Xavier Bettel nimmt einen zweiten Anlauf. Davon könnte auch die Reform der Pressehilfe profitieren.
Es war zwar bereits der sechste Empfang der Presse- und Medienschaffenden von Premier- und Medienminister Xavier Bettel am vergangenen Mittwoch, aber reine Routine war er nicht. Ob es daran lag, dass er noch bis zum Wahlabend selber davon ausging, nicht als Premier bestätigt zu werden? Jedenfalls zeigte er eine Attitüde, die bei dem als beratungsresistent geltenden Politiker aufhorchen ließ: Er rief die Eingeladenen und sich selber dazu auf, sich mehr Zeit zu nehmen zur Rückbesinnung auf sich und das eigene Schaffen. Statt nur jedes Jahr bei einem „Patt“ ein Standbild eines Sektors zu machen, der sich in einem rasanten Umbruch befindet, gelte es, das Vertrauensverhältnis zwischen der Politik und ihren Wähler*innen und den Medien und ihrem Publikum mit Vorsicht zu behandeln und darauf zu achten, dass es nicht zerstört werde.
Statt auf Konkurrenz eher auf Integration von Print- und Onlinemedien setzen.
Diesen doch etwas besinnlichen Tönen war die Rede der amtierenden Präsidentin des Presserates, Ines Kurschat, vorangegangen. Neben einigen positiven Entwicklungen musste sie auch auf etliche „Doléancen“ ihres Berufsstandes aufmerksam machen, die zwar nicht neu sind, aber anfangen, doch eher dramatische Züge anzunehmen. Neben dem Dauerbrenner eines pressefreundlichen Informationszugangsgesetzes und dem Whistleblowerschutz, der die Medien nach betriebsinternen Anlaufstellen und einer spezifischen Ombudsperson erst als dritte Ansprechpartnerin festlegt, war es vor allem die Pressehilfereform die einer kritischen Betrachtung unterzogen wurde.
„Wenn es gilt, mit der Reform die journalistische Qualität zu verbessern, klingt das nach einem ehrenwerten Ziel, das wir begrüßen. Doch wer bewertet die Qualität? Pressefreiheit ist ein Grundrecht“, so Ines Kurschat. Es könne nicht sein, dass eine Mehrheit von Regierungsvertreter*innen die Qualität der Medien bewerte und entscheide, ob ein Medium unterstützt wird oder nicht. Im bisher dafür geplanten Gremium sei nur ein Drittel Vertreter*innen der Medienbranche vorgesehen, die Regierungsvertreter*innen hingegen stellten die Mehrheit.
Ihrer Aufforderung sicherzustellen, dass die Pressevielfalt in Luxemburg erhalten bleibt und die Bedingungen, unter denen Journalist*innen ihre Arbeit verrichten, verbessert werden, pflichtete Bettel in seiner Antwort bei. Er machte aber im gleichen Atemzug einen Schritt zurück, indem er die Ansprüche der Bürger*innen und der „Entreprisen“ in Erinnerung rief und erst einmal abwarten will, ob sich die jetzt geltenden Vorschriften hinsichtlich des Informationszugangs bewähren oder nicht.
Während noch vor ein paar Jahren wichtigstes Ziel war, vor allem die Onlinemedien auszubauen, hat er den Anspruch an eine umfassende Pressehilfe jetzt höher angesetzt: Es gelte die Diversität insgesamt zu stärken. Der Umbruch, den die neuen Medien bedeuteten, sei noch nicht abgeschlossen und auch kein Segen für alle. Es gelte die Reform so zu gestalten, dass Luxemburg langfristig auf eine starke Medienlandschaft bauen könne.
Bei so viel Rückbesinnung besteht dann ja vielleicht auch die Möglichkeit, statt auf Konkurrenz von Print- und Onlinemedien eher auf Integration diverser Medienformen zu setzen. Und dabei auch zu berücksichtigen, dass diverse Publikationsformen auch unterschiedliche Basisfinanzierungen voraussetzen. Die Fehlentwicklung des alten Pressehilfegesetzes beruhte ja nicht auf dem Berechnungsschlüssel, der sich am redaktionellen Umfang der einzelnen Zeitungen orientierte, sondern auf der Aufhebung der Plafonierung.
Entfällt jegliches quantitative Kriterium, geraten gerade solche Medien in Bedrängnis, die sich längeren, analytischeren Formaten hingeben und dem Trend des kurzen, schnellen Unterhaltungsjournalismus entgegenwirken wollen. Es gilt nicht, Letzteres zu verhindern, da es sich ja ohnehin vielfach als Selbstläufer entpuppt hat. Aber fördern sollten wir doch vor allem solche Medien, die sich – wie neuerdings unser Premier – Zeit für Rückbesinnung nehmen und darauf achten, dass das noch bestehende Vertrauensverhältnis nicht weiter dahinsiecht.