Queerfeindliche Politik: Wahlkampf gegen Menschenrechte

Rechtsextreme und die ADR machen Stimmung gegen queere Menschen. Sie versuchen, einen Kulturkampf zu importieren und so die Gesellschaft zu spalten.

Rechtsextreme werten jede noch so kleine Regenbogenflagge als Angriff. Dieses Gefühl nutzen sie, um Hass zu provozieren. (Foto: woxx)

Als der Abgeordnete Roy Reding aus der ADR austrat, sprach er von „völkischem Denken“, das in der Partei überhandgenommen habe. Ob es bei dem Austritt nun um inhaltliche Differenzen oder den Wahllistenplatz ging, ist im Grunde egal: Was Reding ausgesprochen hat, bestätigt sich in den letzten Wochen immer wieder. Die Rechtspopulist*innen, die offensichtlich endgültig das Ruder der ADR übernommen haben, brauchen einen „Volkskörper“, den sie ansprechen können. Dazu gehört auch die Ausgrenzung von allen Elementen, die ihrer Meinung nach dort nicht hineinpassen. Aktuell sind das Schwule, Lesben, Bisexuelle, queere, trans und intergeschlechtliche Personen.

In der Manier der „alt right“ in den USA machen Mitglieder der ADR Stimmung gegen die LGBTIQA+-Gemeinschaft. Ihre Jugendsektion posierte mit einer „Roude Léiw“-Fahne vor dem Parlament und wollte damit gegen die Regenbogenfahne, die während der Pride Week neben der Landesflagge wehte, protestieren. Einer der Vizepräsidenten der ADR ruft auf Facebook zu negativen Kommentaren gegen queere Symbole oder Veranstaltungen auf. So zum Beispiel gegen eine Kinderbuchlesung in der Escher Bibliothek von „Tatta Tom“, einer Drag-Queen, die seit Jahren Märchen vorliest und auf kindgerechte Weise Fragen beantwortet. Obwohl die Figur speziell für Kinder konzipiert wurde, wird von Rechten insinuiert, sie würde Kinder „sexualisieren“. Das nicht nur, weil sie Märchen mit queeren Figuren besetzt, sondern weil sie eine Drag Queen ist.

Auch eine Ecke der Escher Bibliothek, die anlässlich der Pride queere Bücher – für Kinder und Erwachsene – vorstellte, wird zur Zielscheibe. Der Bibliothek wird unterstellt, sie „eliminiere“ Bücher: Das wirkt angesichts der tatsächlichen Eliminierung queerer und rassismuskritischer Bücher aus Schulbibliotheken in republikanisch regierten Bundesstaaten der USA wie ein schlechter Scherz.

Foto: Brielle French/Unsplash

Die ständige Hassrede kann sich zu „stochastischem Terrorismus“ entwickeln.

Es scheint, als würde jede noch so kleine Regenbogenfahne, jede Erwähnung von Sexualitäten oder Geschlechteridentitäten, die sich nicht in ein heteronormatives Korsett zwängen lassen, als Angriff gewertet. Die Botschaft ist klar: Dort, wo jemand ein Zeichen für Akzeptanz setzt, wird die Freiheit der „normalen“ Menschen – sprich des wahren Volks – eingeschränkt. So wird die Realität verdreht: Queere Menschen werden zur Bedrohung für Meinungsfreiheit stilisiert.

In Luxemburg dienen sie Rechten auch als Symbol für die (in ihren Augen) misslungene Politik der Blau-rot-grünen Regierung. Vor den Parlamentswahlen im Oktober passt der ADR jede Polemik zur Sichtbarkeit queerer Menschen gut in den Kram. Das bedient das übliche völkische Motiv der „Zersetzung der Familie“ (und damit implizit: „des Volkes“). Dies erlaubt der Partei später Forderungen zu stellen, die erzkonservative Rollenbilder zementieren sollen.

Noch beschränken die queerfeindlichen Aktionen der Rechten sich auf Facebook-Kommentare und das Hochhalten von Fahnen. Die ständigen Hassreden und – wenn auch vagen – Aufrufe zur Aktion können sich jedoch zu dem entwickeln, was man „stochastischen Terrorismus“ nennt: Durch wiederholtes Anstacheln werden Gewaltakte wahrscheinlicher. So müssen queere Menschen in Luxemburg nicht nur weiterhin dafür kämpfen, dass sie rechtlich endlich gleichgestellt werden (ein Beispiel findet sich auf S. 4), sondern auch dafür, dass sie schlichtweg ein Leben ohne Angst führen können. Dieser Kampf kann nicht alleine geführt und schon gar nicht gewonnen werden: Er braucht Rückendeckung aus der Zivilgesellschaft!


Cet article vous a plu ?
Nous offrons gratuitement nos articles avec leur regard résolument écologique, féministe et progressiste sur le monde. Sans pub ni offre premium ou paywall. Nous avons en effet la conviction que l’accès à l’information doit rester libre. Afin de pouvoir garantir qu’à l’avenir nos articles seront accessibles à quiconque s’y intéresse, nous avons besoin de votre soutien – à travers un abonnement ou un don : woxx.lu/support.

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Wir stellen unsere Artikel mit unserem einzigartigen, ökologischen, feministischen, gesellschaftskritischen und linkem Blick auf die Welt allen kostenlos zur Verfügung – ohne Werbung, ohne „Plus“-, „Premium“-Angebot oder eine Paywall. Denn wir sind der Meinung, dass der Zugang zu Informationen frei sein sollte. Um das auch in Zukunft gewährleisten zu können, benötigen wir Ihre Unterstützung; mit einem Abonnement oder einer Spende: woxx.lu/support.
Tagged .Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

Kommentare sind geschlossen.