Das neue Personal der ADR zeigt, dass in Luxemburg die Gefahr einer rechten Diskursverschiebung besteht.
Am vergangenen Wochenende präsentierte die ADR ihre Kandidat*innen für die kommenden Parlamentswahlen. Und enthüllte dabei auch erstmals, wer für Fred Keups „Wee 2050“ antreten wird. Neben Keup sind zwei Namen zumindest in sozialen Netzwerken bekannt: Daniel Rinck, der die Facebookseite „Neiwahlen“ ins Leben gerufen hat, und Tom Weidig, der nach Jahren der Dementis, etwas mit „Wee“ zu tun zu haben, sich nun als Präsident eben jener „Bewegung“ entpuppt.
Während Rinck eher als unbeholfener und ausfallender Wüterich daherkommt, fällt Weidig durch den Hang auf, das Grauen des Nationalsozialismus klein- und eine historische Feindschaft zwischen Luxemburg und Frankreich herbeizureden. Alle diese Aussagen, die bis zur Verneinung der Singularität des Holocaust reichen, sind bekannt; der linke Blogger Maxime Weber hat sie über Jahre gesammelt und in analytischen Blogposts öffentlich gemacht.
Von vielerlei Seite werden diese nun ganz zu Recht verlinkt: von Politiker*innen wie Corinne Cahen und Franz Fayot oder von Medien wie reporter.lu. „Wee 2050“ gibt sich keine Mühe, die dokumentierten Postings zu dementieren, vielmehr wird Maxime Weber als „Linksterrorist“ beschimpft, dem man ob seiner politischen Einstellung nicht trauen könne. Es handelt sich um die Diskussionstaktik des „Derailing“: Kritiker*innen werden persönlich angegriffen, um Diskussionen gezielt entgleisen zu lassen.
Das Verfahren ist immer wieder auf der Facebookseite von „Wee 2050“ zu beobachten. Es dient vor allem dazu, die Kritiker*innen zu ermüden, sie zu beschäftigen, während die Propagandamaschine weiterläuft. So wird das „ungezügelte Wachstum“ durch einen US-Suburb in den Umrissen Luxemburgs illustriert, und eine hiesige Version des Kärntner Ortstafelstreits wird herbeigewünscht. Dazwischen immer wieder die Beteuerung „Wir sind die politische Mitte“. Garniert wird das mit viel Referendumsnostalgie, denn Keup fabuliert sich ja als Fürsprecher der 66 Prozent der Wahlberechtigten, die vor drei Jahren „Nein“ zum Ausländer*innenwahlrecht gesagt haben.
Damit soll ausgedrückt werden: „Wir sind die wahren Vertreter*innen des echten Volks, alle anderen sind eine selbsternannte Elite, die sich nicht um eure Probleme schert!“ Es sind aber nicht nur die sechs Wee-Kandidat*innen, die die ADR auf diese rechtspopulistische Schiene setzen. Mit dem Slogan „Är Stëmm fir Lëtzebuerg“ zieht die Partei in die Wahlen und sagt damit: Alle anderen Parteien sind nicht „für Luxemburg“; wer das Land vor dem imaginierten Untergang retten will, muss uns wählen. Zum Rechtspopulismus gehört auch Medienschelte: Man beklagt sich, dass man in den Medien entweder nicht vorkomme oder, wenn doch, unfair behandelt werde. Tom Weidig erachtet es für „die größte Gefahr für unsere Demokratie“, dass viele Journalist*innen politisch linke Einstellungen hätten – das Demokratiedefizit, das dadurch entsteht, dass knapp die Hälfte der Bevölkerung nicht wahlberechtigt ist, interessiert ihn nicht.
Es sind nicht nur die sechs Wee-Kandidat*innen, die die ADR auf die rechtspopulistische Schiene setzen.
Wee 2050 wird vor allem die Social Media-Kampagne der ADR befeuern – und da diese keine „offizielle“ Partei ist, werden Keup und Co. das umso ungezügelter tun können. Inhaltlich sind die jetzigen ADR-Abgeordneten aber bereits auf dem gleichen Kurs. Die ADR ist aber nicht die einzige rechtspopulistische Kraft: Neben den etwas lächerlichen Miniparteien „déi Konservativ“ und FÖDP fischt auch etwa der CSV-Abgeordnete Laurent Mosar immer wieder in rechten Gewässern nach Wähler*innen.
Es gilt nun aufzupassen, dass der Diskurs im Zuge des Wahlkampfs nicht noch weiter nach rechts rückt. In Luxemburg sollte man nicht den Fehler anderer Länder wiederholen; mit Rechtspopulist*innen ist eine sachliche Diskussion nun einmal nicht möglich. Was man tun kann, ist, ihre Methoden und logischen Fehlschlüsse offenzulegen und – vor allem – die Alternativen aufzuzeigen.