Serien-Empfehlungen: „Love on the Spectrum“ und „Love“

Die beiden Serien, die wir diese Woche vorstellen, rücken ungewöhnliche Liebesgeschichten ins Zentrum.

Love on the Spectrum (2020)

Chloes Blinddate verläuft anders als erhofft. (Fotos: Netflix)

Menschen mit Autismus können sich nicht verlieben, sind asexuell und nicht an romantischen Beziehungen interessiert – so lautet ein weit verbreitetes Vorurteil. Eine australische Netflix-Produktion versucht mit einem Mainstream-Format dagegen anzukämpfen: Mit einer Datingserie, die queere und heterosexuelle Menschen auf dem Spektrum fokussiert. Manche sind auf der Suche nach einer Beziehungsperson, andere haben sie schon gefunden. „Love on the Spectrum“ thematisiert wie Verhaltensauffälligkeiten und Schwierigkeiten in Bezug auf soziale Konventionen und non-verbale Sprache das Liebesleben dieser Menschen beeinflussen. Daneben geht es natürlich auch um die Hürden, die sich generell bei der Partner*innensuche stellen können.

Die Herausforderungen, die sich an eine solche Serie stellen, sind groß: Sie soll sensibilisieren, gleichzeitig aber auch unterhaltsam sein, ohne aber voyeuristisch zu werden. Diese Herkulesaufgabe meistert die Produktion aus Down-under größtenteils gut, wenn auch nicht durchgehend. Bei manchen Interviewauszügen stellt sich die Frage, ob sie aus Rücksicht nicht besser weggelassen worden wären. Was die Sensibilisierung angeht, wäre etwas mehr Tiefe wünschenswert gewesen. Zwar erhalten Zuschauer*innen einen Einblick in die Lebensrealität von Menschen auf dem Spektrum, viele Fragen werden allerdings offengelassen. Als an einer Stelle erwähnt wird, dass die Entwicklungsstörung bei Mädchen und Frauen sehr viel seltener diagnostiziert wird, wartet man vergebens auf eine Erklärung dafür. Tatsächlich ist es so, dass es diesen tendenziell besser gelingt ihre Symptome zu verbergen als Jungen und Männern. Angesichts des Serienkonzepts ist es nachvollziehbar, dass einzig hochfunktionale Autist*innen gezeigt werden. Bedauerlich ist allerdings, dass die Serie ihre nicht-repräsentative Personenauswahl nicht thematisiert und somit möglicherweise ein zu kurz gefasstes Verständnis dieser Entwicklungsstörung reproduziert. Dies ist generell ein Problem, wenn es um die mediale Darstellung von Menschen auf dem Spektrum geht, wie wir in unserer Rezension über die fiktionale Serie „Atypical“ bereits erläuterten. „Love on the Spectrum“ sticht dennoch positiv hervor, weil sie real existierende Menschen zeigt.

„Love on the Spectrum“ unterstreicht: Auch wenn Dates und Beziehungen mit einer Autismus-Spektrum-Störung tendenziell anders ablaufen als bei neurotypischen Menschen, so sind sie keinesfalls zum Scheitern verurteilt. Trotz kleinerer Schwächen leistet die Serie einen wichtigen, anrührenden Beitrag in puncto medialer Repräsentation von Menschen mit Behinderung.

Netflix

Love (2016-2018)

„Love“ zeigt, dass eine Beziehung nicht toxisch bleiben muss, nur weil sie es zu Beginn war.

Auch wenn der Titel dieser Serie in direkter Gegenüberstellung mit einem wie „Love on the Spectrum“ einen Anspruch auf „Normalität“ oder Universalität suggeriert, so wird man beim Schauen eines Besseren belehrt. Klar, fast alle Figuren in dieser Serie sind weiß und ausnahmslos hetero, doch weicht die zentrale Erzählung wesentlich von gängigen romantischen Komödien ab.

Als Mickey (Gilian Jacobs) Gus (Paul Rust) kennenlernt, kämpft sie mit ihrer Sex- und Alkoholsucht und damit zusammenhängenden selbstdestruktiven Verhaltensmustern. Er ist aufstrebender Drehbuchautor, der zwischenzeitlich sein Geld als Set-Lehrer verdient; sie arbeitet bei einem Radiosender. Trotz ihrer Unterschiede verstehen sich die beiden auf Anhieb. Es ist offensichtlich, dass Gus an mehr als nur einer Freundschaft interessiert ist und Mickey ist die gesteigerte Form von Aufmerksamkeit, die sie dadurch erhält, ganz recht.

Zunächst scheint alles darauf hinzudeuten, dass Mickey und Gus nicht gut füreinander sind. Wer deshalb aber befürchtet, dass es in der Serie um eine toxische Freundschaft geht, die gegebenenfalls in eine mindestens genauso toxische Beziehung übergeht, erlebt eine angenehme Überraschung . Nicht nur, dass Mickey es ernst meint mit ihrem 12-Schritte-Programm: Die Serie ist weit davon entfernt, Mickey als Chaotin und Gus als fehlerlos darzustellen. Stattdessen sehen wir Menschen, die Fehler machen, daraus lernen, Kompromisse eingehen und langsam verstehen, mit ihren Unsicherheiten umzugehen und sich aufeinander zu verlassen. Es ist eine angenehme Abwechslung inmitten einer Fülle an Filmen und Serien, die vermitteln: Nur konfliktreiche Beziehungen sind interessant; sobald alles harmonisch ist, wird’s langweilig und ein neues Konfliktelement muss herbei. In „Love“ wird alles thematisiert, die schwierigen wie auch die guten Phasen.

Obwohl die einzelnen Folgen nicht viel Handlung enthalten, wird es nie eintönig – vorausgesetzt, diese Art von Serie entspricht dem persönlichen Geschmack. Macher der Serie ist unter anderem Judd Apatow, der für seine improvisiert wirkenden Dialoge und lose strukturierten Serien und Filme wie „Freaks and Geeks“ (2001), „Knocked up“ (2007) oder „Girls“ (2012-2017) bekannt ist. Sowohl Fans romantischer Komödien als auch jene, die die Romantisierung toxischer Beziehungen satt haben, sollten sich die drei Staffeln von „Love“ nicht entgehen lassen.

Netflix

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