Tania Naskandy: da ist was im busch

Lockdown-Literatur wird wohl in einigen Jahren zu Spezialisierungen an verschiedenen Unis führen, so zahlreich sind die Bücher, die in Quarantäne entstanden sind. Während die meisten sich sehr ernst nehmen, versucht dieses Buch lockerere Töne anzuschlagen.

(©Kremart)

Es sind meistens die Herren der Schöpfung, die im stillen Kämmerlein zu Papier, Stift oder in die Tastatur griffen, um ihre Gedanken über das unfreiwillige innere Exil, den unsichtbaren viralen Feind und das Verlegen des Soziallebens ins Internet aufzugreifen. Bei dem oder der Autor*in von „da ist was im busch“, das mit „haiku-comic aus blackoutville“ untertitelt ist, scheint es sich um eine Frau zu handeln. Obwohl böse Zungen im Land immer noch behaupten, bei Tania Naskandy handele es tatsächlich um einen landbekannten Autor, Grundschullehrer und gefürchteten wie bewunderten Querulanten.

 

Aber trennen wir hier mal das Werk und Autor*in, und widmen uns dem Inhalt dieses kurzweiligen Büchleins. Die gewählte Form des Haikus, einer traditionellen japanischen Kurzgedichtform, die seit den 1920ern auch in Europa Verbreitung fand, hebt sich von den sinnschwangeren, endlosmäandernden Ergüssen anderer Vertreter*innen der Corona-Literatur ab. Auch, dass sich der*die Autor*in nicht so ernst nimmt, wirkt erfrischend.

Zwar ist das Buch größtenteils auf das westliche Individuum ausgerichtet:

geh doch mal in dich

denk ich mir, aber

wie komm ich da wieder raus?

Aber der ironische Unterton überspült die manchmal doch etwas moralinsauren Anfälle des unter Quarantäne gestellten Freigeists, der vorerst in der Flasche seines eigenen Zuhauses ausharren muss. Besonders lustig sind die Passagen, die einen Spaziergang in der stillgelegten Hauptstadt nachbilden:

maskiert in die bank

schrecken am schalter

überfall oder mundschutz?

 

mundtuch, das herrchen

maulkorb, das hündchen

gassiparcours wie gewohnt

Auch die konsequente Kleinschrift, die an RAF-Kassiber erinnert, lässt der Leser*innenschaft Raum zum mentalen Wandern. „da ist was im busch“ ist ein verspieltes Buch, das unter dem Korsett des strengen 5-7-5 Silbenmusters (ein bisschen wie „social distancing“ von zu langen Fließtexten) sowohl Persönliches, Erschreckendes, Zynisches wie auch Realistisches enthält. Kurz gesagt, von der Coronabuch-Flut bisher das beste nach oben getriebene Fundstück in Luxemburg.

Erschienen bei Kremart Edition. 

 

 


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