Wahl-Forderungen: Die grüne Revolution

Nein, es geht nicht um das Wahlprogramm der Grünen, sondern um die Forderungen des Mouvement. Statt für kleine Kurskorrekturen macht sich die NGO für einen richtigen Kurswechsel stark.

Gute Nachrichten zur nachhaltigen Entwicklung Luxemburgs gibt es genug. Dass die woxx nicht über alle berichtet, liegt nicht nur an der kurzen Personaldecke. Viele Nachrichten erweisen sich beim genaueren Hinsehen als nicht so gut, wie sie zunächst erscheinen. Und manche werden auch –  gemessen an den vielen Problemen, die im gleichen Bereich bestehen – einfach überbewertet.

„Kooperativen und Gemeinschaftsgärten sprießen aus dem Boden, der Ausbau der Infrastrukturen im Bereich öffentlicher Transport geht voran, eine Debatte über das anstrebenswerte Wachstum wurde begonnen“, stellt der Mouvement écologique in der Einleitung zu seiner Broschüre mit Forderungen für die Wahlen fest. Und zweifelt zugleich: „Sind die positiven Initiativen nur zaghafte Ansätze, die an der Gesamtentwicklung unserer Gesellschaft kaum etwas zu ändern vermögen?“ Und konstatiert verzweifelt: „Die Rückkehr des Wolfes mag als wichtiges Symbol im Naturschutzbereich angesehen werden, aber die dramatische Abnahme der Biodiversität, im Besonderen in der Kulturlandschaft, überwiegt bei Weitem.“

Mouvement écologique … et social

Angesichts der ökologischen und sonstigen Herausforderungen will sich die NGO nicht damit begnügen, „an der einen oder anderen Stellschraube zu drehen“, sondern verlangt einen Paradigmenwechsel. „Ein grundlegender sozial-ökologischer Umbau des Gesellschafts- und Wirtschaftssystems ist unumgänglich, wenn allen Menschen in unserer Gesellschaft und weltweit ein Leben in Würde ermöglicht werden soll – für heutige und künftige Generationen.“ Und so enthält das Dokument neben den umweltschützerischen auch soziale, wirtschaftliche und institutionell-politische Forderungen.

Den ersten Teil der 84 Seiten starken Broschüre bilden „neun zentrale Anregungen für die Zukunft“, die es in sich haben. Das ist umso bemerkenswerter, als die bisherige Mouvement-Kritik an der Regierungsarbeit recht zahm ausfiel. Allerdings wird im Rahmen des Mecoskop nur die Umsetzung des Regierungsprogramms – also einer höchst bescheidenen Zielvorgabe – gemessen. Würde man als Maßstab für die Leistungen der ersten Regierung mit grüner Beteiligung die jetzt vom Mouvement vorgelegten Forderungen nehmen, so wäre das Ergebnis wohl eher beschämend.

Wohnen statt tanken

Unter den zahlreichen Unterpunkten der „Anregungen“ findet man radikale Forderungen, wie die nach einer „Suffizienzstrategie“, also einem wachstumskritischen Modell für „[ein] – auf gemeinschaftlicher und individueller Ebene – gutes Leben morgen mit weniger Konsum“. Der für notwendig erachtete „konsequentere Ausstieg aus dem Tanktourismus“ dürfte ebenfalls nicht jedem schmecken. Was würde bleiben, wenn Luxemburg aus Wachstum und Schmarotzertum ausstiege? Unter anderem die Agrarwirtschaft, für deren Umbau man klare Prioritäten setzen muss: „Förderung des Biolandbaus sowie einer ‚flächengebundenen‘ Landwirtschaft, d.h. einer Landwirtschaft (weitgehend) ohne Futtermittelimporte“.

Die Umwelt-NGO zögert auch nicht, in sozialen Fragen weiter zu gehen als so manche „soziale“ Partei: Sie schlägt vor, „das Recht auf Wohnen in der Verfassung zu verankern, ebenso wie den Vorrang von Interessen der Allgemeinheit gegenüber Privatinteressen, dies nach klar umrissenen und begrenzten Kriterien“. Und sie fordert, weniger überraschend aber nicht minder radikal, „eine absolute Priorisierung aller Finanzmittel auf den weiteren Ausbau der aktiven Mobilität sowie des öffentlichen Transports – ein Stopp aller (geplanten) Umgehungsstraßen und größeren Straßenbauprojekte“.

Wahlprogramm mit Visionen

Angesichts der zu erwartenden Schwierigkeiten eine Akzeptanz für einen Kurswechsel zu schaffen, darum geht es bei der Anregung Nummer 9: „Eng Biergergesellschaft als Viraussetzung fir eng zukunftsfäeg Gesellschaft … amplaz e Modell wat ze staark um Prinzip vun enger repräsentativer Demokratie baséiert“.

Noch viel mehr Forderungen – und detaillierte Ausführungen dazu – findet man in den 15 Kapiteln, die den größten Teil der Broschüre einnehmen. Die Vorschläge reichen von „Globale Verantwortung übernehmen“ (gemeint ist die Neuordnung des Welthandels), über „Holzcluster als Instrument der regionalen Wertschöpfung vorantreiben!“ bis hin zu „Hormonelle Schadstoffe stärker regulieren und Nanotechnologie besser kontrollieren“. Parteien, die noch an ihrem Wahlprogramm arbeiten, finden hier mehr als genug Anregungen – sofern sie sich denn ernsthaft für ökologische und soziale Nachhaltigkeit einsetzen wollen.

Broschüre „Nationalwalen 2018: Zukunft nohalteg gestalten – ekologesch, sozial a gerecht


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