IRAK: Ein Desaster für alle

Mit dem jüngsten Anschlag im Südirak haben die terroristischen Gruppierungen einen traurigen Erfolg im Kampf gegen die „Besatzer“ erzielt. Unter dem Terror leidet in erster Linie die Zivilbevölkerung.

Am Mittwoch starben in der südirakischen Stadt Nasirija nach einem Selbstmordattentat 22 Menschen, darunter 14 Italiener und acht Iraker. Es war dies eines der schwersten Attentate, die der Irak seit Kriegsende erlebte. Der Anschlag traf Italien unerwartet – unmittelbar nach Bekanntgabe der Ereignisse in Nasirija begann die Diskussion über das Für und Wider eines italienischen Einsatzes im Irak.

Vor allem von Kommunisten und Grünen wurde die Forderung nach einem sofortigen Rückzug der Truppen laut. Armando Cossutta von den italienischen Kommunisten (PCI) verkündete am Mittwoch: „Groß ist unsere Wut, scharf ist unser Protest gegen diese Regierung, die unsere Söhne in den Tod schickt in einem kolonialistischen und imperialistischen Krieg.“ Unter den italienischen „Söhnen“ befinden sich auch Töchter – laut italienischem Oberbefehlshaber wurden unter anderem deshalb auch Frauen in den Irak entsandt, um zu gewährleisten, dass Irakerinnen nicht von männlichen Soldaten kontrolliert oder durchsucht werden. Im Irak sind insgesamt rund 2.400 italienische Soldaten und Carabinieri stationiert. Sie sind für die Provinz Dhi Qar, die im britischen Protektorat liegt, zuständig. Bislang, das berichten Korrespondenten aus Nasirija, habe es in der südirakischen Stadt Nasirija keine größeren Konflikte zwischen der Zivilbevölkerung und Italienern gegeben. Die Art und Weise, wie der die italienischen Truppen ihre Arbeit verrichteten, wurde von Berichterstattern gelobt. Sie seien gut vorbereitet auf den Einsatz im Irak angekommen. Sie hätten, im Vergleich zu den US-amerikanischen Soldaten, bei ihren Tätigkeiten Zurückhaltung und Respekt etwa vor den irakischen Sicherheitskräften und Behörden gezeigt.

Gerade dies hat sie möglicherweise zum auserwählten Ziel der Terroristen gemacht. Die Botschaft ist klar: Jedem, der sich an die Seite des „amerikanischen Aggressors“ stellt und der sich aktiv für den Wiederaufbau einsetzt, droht der Tod. Auch die britischen Soldaten berichten von vermehrten Anschlägen etwa in der von ihnen kontrollierten Stadt Basra im Süden Iraks. Bislang war es im schiitischen Süden deutlich ruhiger gewesen als in den sunnitischen Gebieten. Vieles spricht dafür, dass sich die Situation im Irak verschärft und dass der Bewegungsradius der Terroristen sich vergrößert. Vieles spricht auch dafür, dass die Strategie der USA für den Wiederaufbau nicht die beste ist.

Doch ist der Truppenabzug, den jetzt die italienische Linke fordert, die einzige Alternative? „Die Europäer waren gegen den Krieg und haben das deutlich gesagt. Die USA haben den Alleingang gewählt und sind jetzt in enormen Schwierigkeiten. Die Europäer könnte sich jetzt zurücklehnen und sagen ‚Wir haben Euch ja gewarnt‘. Dazu haben sie das Recht“, stellte der demokratische US-Abgeordnete Robert Wexler in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau fest. Die Frage, so Wexler, sei jedoch: Wäre dies im Interesse Europas, der Nato oder der ganzen Welt? „Europäer und Amerikaner müssen doch sehen, dass ein Scheitern in Irak ein Desaster für alle wäre.“ So manchem Kriegsgegner dürfte jedoch (hoffentlich) weniger „das Interesse Europas“ als das der Menschen im Irak am Herzen gelegen sein. In diesem Fall stellt sich unter Berücksichtigung der aktuellen Situation im Irak unweigerlich die Frage, wie verhindert werden kann, dass die Terroristen im Irak immer mehr an Boden gewinnen.

„Warum sind sie gestorben?“, fragt jedoch der Chef der Kommunisten Oliviero Diliberto nach dem Attentat auf den italienischen Stützpunkt. Es sei unmoralisch, so der Grünen-Vorsitzende Alfonso Pecoraro Scanio, das Leben Tausender Italiener aufs Spiel zu setzen für den „Präventivkrieg von Bush“. Doch die Mehrheit der Menschen, die den Attentaten in den vergangenen Monaten im Irak zum Opfer fielen, waren IrakerInnen. Auch das sollte man nicht vergessen.


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