UMWELTPOLITIK: Mehr war nicht drin

Die Hoffnung stirbt zuletzt, sagt ein Sprichwort. Zieht man Bilanz in Sachen Umweltpolitik, so gibt es für die nahe Zukunft wahrlich nicht viel zu hoffen.

„Wir wollen mehr“, titelte der Kommentar der ersten woxx-Nummer, die zur Ökofoire 2000 erschien. Die Überschrift bezog sich auf die gerade angekündigten Solarstrom-Fördertarife. Nicht dass uns die Vergütungen zu niedrig erschienen – es waren die höchsten in Europa. Aber es war das erste positive Zeichen, das der seit einem Jahr amtierende Umweltminister Charles Goerens (DP) setzte – nach dem von den Liberalen verschuldeten Tram-Debakel und Rückschritten beim Naturschutz Bravo, schrieben wir deshalb, und forderten mehr von diesen ermutigenden Zeichen.

Heute, dreieinhalb Jahre später, warten wir immer noch. Um ein Haar hätte die Regierung sogar den dünnen Ast, an dem sie ihre umweltpolitische Bilanz aufhängen kann, selbst abgesägt. Sie plante, die Vergütungen für Solarstrom nach unten anzupassen. Der Grund: Angesichts des Erfolges der Förderregelung drohte die Maßnahme teurer als geplant zu werden.

In diesem Fall konnte vor allem das Lobbying des Mouvement écologique die Regierung umstimmen. Bei der Entscheidung über Kyoto ein paar Wochen zuvor, bei der es um viel höhere Beträge ging, zogen die UmweltschützerInnen dagegen den Kürzeren. Durchgesetzt hat sich die knallharte Kalkulation, dass CO2-Zertifikate und so genannte Clean-development-Projekte in Entwicklungsländern für Luxemburg billiger sind als sich zu bemühen, den nationalen CO2-Ausstoß zu begrenzen.

Da kommen Erinnerungen auf: Ein Umweltminister voll guten Willens, politisch jedoch ein Leichtgewicht, sobald er Interessenkonflikte mit dem Wirtschafts- und Energieminister auszutragen hat. Wie seinerzeit das Duo Bodry-Goebbels sind auch Goerens und Grethen lohnende Motive für Satiriker. Doch diese Sicht der Dinge lässt die anderen Akteure außer Acht. Sie unterschlägt, dass die gesamte Regierung und ihre Parlamentsmehrheit die magere umweltpolitische Bilanz zu verantworten hat.

So war es der als umweltfreundlich geltende DP-Abgeordnete Emile Calmes, der in einem Kommissionsbericht zum Klimaschutz eine Lanze für flexible Mechanismen brach. Dies zu einem Zeitpunkt, als Henri Grethen mit seiner Aussage, die Kyoto-Ziele seien unrealistisch, isoliert war. Und die Verantwortung dafür, dass Luxemburg noch immer keine moderne Wärmeschutzverordnung hat, liegt weniger beim Umweltminister als beim Wohnungsbauminister Fernand Boden. Auch das ressortübergreifende Projekt IVL, in das manche UmweltschützerInnen große Hoffnungen gesetzt hatten, hat außer schönen Worten wenig zu bieten. Das ist kaum verwunderlich, waren den ExpertInnen doch von vornherein diverse Denkverbote auferlegt worden.

Das wohl wichtigste Tabu ist der Tanktourismus. Das IVL sollte unter anderem aufzeigen, wo es Spielräumen in Sachen Verkehrsentwicklung gibt. Doch als unantastbare Vorbedingung galt: Der Tanktourismus muss weiter florieren, die Spritpreise relativ niedrig bleiben. Eine Regierung, die ein Lenkungsinstrument wie die Treibstoffsteuer von vornherein ausschließt, sollte besser darauf verzichten, ihren BürgerInnen ökologische Weitsicht und Landesplanung zu predigen. Premierminister Jean-Claude Juncker, der sich vor einigen Jahren die Nachhaltigkeit noch groß auf die Fahne geschrieben hatte, erklärt mittlerweile ungeniert, dass umweltpolitische Steuermaßnahmen aus Kostengründen unterbleiben.

Und dennoch verbreiten manche UmweltlobbyistInnen mit Blick auf die Wahlen Zweckoptimismus. Der Mouvement écologique zum Beispiel hat sich per Umfrage von den Parteien bestätigen lassen, dass alle für eine nachhaltige Steuerreform und einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs sind. So ganz scheint er den Beteuerungen aber doch nicht zu glauben – sie betrachte das Umfrageergebnis mit gemischten Gefühlen, teilt die Umweltgewerkschaft auf Nachfrage mit. All jenen, welche die umweltpolitische Entwicklung der vergangenen zehn Jahre nüchtern betrachten, drängt sich ein ganz anderes Gefühl auf: das der Hoffnungslosigkeit.


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