PALÄSTINA: Arafat ist nicht das Problem

Israels Versuch, sich Arafats zu entledigen, wird keinen Frieden in Nahost bringen.

Kurz nach den Anschlägen des 11. September hatte es noch so ausgesehen, als würden die USA und der restliche Westen, in einer Art heilsamen Schock, ihre Nahost-Politik überdenken. Irgendetwas ist schief gelaufen – zu dieser Feststellung kamen viele, auch wenn sie die Anschläge gegen die USA verurteilten.

Mittlerweile hat sich die Stimmung gedreht, Israel, unter der Führung Ariel Sharons, kann wieder ungestraft die Rolle des Kolonialherren in Palästina übernehmen. Dass es soweit gekommen ist, hat sicherlich auch etwas mit den Schwächen des Palästinenser-Führers Arafat zu tun. Die Unfähigkeit, den radikalisierten Teilen der palästinensischen Bevölkerung eine Abkehr von den Terroraktionen nahe zu bringen, wiegt schwer.

Allerdings erhärtet sich der Verdacht, dass Arafats Schwächen den israelischen Hardlinern nicht nur ganz gut in den Kram passen. Es gibt so etwas wie eine Strategie Sharons, die dieser bereits vor seiner Wahl zum israelischen Premier hat ausarbeiten lassen. Und die zielt darauf ab, Arafat als unfähig und unwillig hinzustellen, Israels Frieden zu garantieren.

Die französische Tageszeitung „le Monde“ wusste dieser Tage zu berichten, dass ein von dem israelischen Reservegeneral Dagan ausgearbeiteter Plan das, was in den letzten Wochen und Tagen in Palästina passiert ist, bereits vorwegnimmt: Arafat soll destabilisiert und somit als legitimer Verhandlungsführer ausgebootet werden. Sind die PLO und ihr Führer erst einmal entmachtet, wird die israelische Regierung mit einzelnen regionalen Repräsentanten der Palästinenser in Verhandlungen treten, um so zu einzelnen Abkommen zu gelangen. Das palästinensische Territorium soll in einzelne Kantone aufgeteilt werden, die keiner übergreifenden Kontrolle – außer der israelischen – unterstehen. Dieses Modell des „Teile und herrsche“ ist nicht neu und hat sich in der jüngsten Geschichte in ähnlicher Form in Südafrika abgespielt. Die Zustände in den südafrikanischen „Homelands“ weisen in vielfacher Hinsicht Parallelen zu palästinensischen Enklaven auf.

Noch scheint es Sharon an entsprechenden Verhandlungspartnern zu fehlen. Deshalb sind nicht nur die militärischen Angriffe der israelischen Armee gegen palästinensische Einrichtungen wichtig, es soll auch der Widerstand gegen Arafat innerhalb der eigenen Bevölkerung geschürt werden.

Dabei hat Arafat immer die schlechten Karten: Tut er nichts gegen die Radikalen in den eigenen Reihen, wird er von der Völkergemeinschaft missbilligt und von den Israelis mit Raketen beschossen; greift er hart durch, dann drohen Aufstände und bewaffnete Auseinandersetzungen, wie etwa dieser Tage bei der Verhaftung von Hamasführern.

Währenddessen führt Israel unvermindert seine Politik der Kolonisierung von Territorien durch, die eigentlich den Palästinensern zugedacht sind. Es werden so vollendete Tatsachen geschaffen, die den bereits versprochenen palästinensischen Staat wenn nicht unmöglich, dann doch kaum überlebensfähig machen werden.

Es gibt durchaus kritische Stimmen in Israel, die Sharons Spiel in Frage stellen – nicht zuletzt der immer noch nicht zurückgetretene Außenminister Peres. Doch scheinen ihre Möglichkeiten, Sharon zu stoppen, begrenzt. Es ist vielmehr die internationale Staatengemeinschaft, die unmissverständlich darauf hinwirken muss, die Übergriffe Israels einzudämmen. Wenn das Konzept internationaler Friedenstruppen unter der Führung der UNO überhaupt Sinn macht, dann in Situationen wie jetzt im israelisch-palästinensischen Konflikt.


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