Alternative Energien würden auf Kosten der Unternehmen gefördert, klagt die Fedil. Bei genauem Hinsehen ist dieser Vorwurf nicht haltbar.
Zu einem Rundumschlag gegen vermeintliche Standortnachteile nutzte die Industriellenföderation Fedil ihre diesjährige Hauptversammlung. Neben Lohnindexierung und Erhöhung des Mindestlohns wurde auch der zu hohe Strompreis kritisiert. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen leide darunter, dass sie die Ausgaben für alternative Energien mitfinanzieren müssten. Die These ist nicht neu: Ökologische Spinnereien sind ein Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung.
In diesem Fall ist der Vorwurf der Fedil nicht stichhaltig. Zwar stimmt es, dass Industriekunden, ebenso wie Privathaushalte, einen Aufschlag von weniger als einem Cent pro Kilowattstunde zahlen müssen. Das Geld fließt in den so genannten Kompensationsfonds, der die Prämien für die Stromerzeugung aus alternativen Quellen finanziert. Doch nur ein Bruchteil dieser Prämien kommt der als teuer verschrieenen Solarenergie zugute: 2003 waren es gerade mal 89.000 Euro von fast 14 Millionen Gesamtausgaben. Größter Nutznießer ist die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), eine effiziente Form der Energienutzung, die aber weiterhin fossile Energieträger wie Erdgas einsetzt.
Der Sorge, eine schnell wachsende Anzahl von Solaranlagen werde zu einer Kostenexplosion beim Kompensationsfonds führen, hat die Regierung Ende vergangenen Jahres auf eine etwas ungewöhnliche Weise Rechnung getragen. Indem sie die Förderregelungen für alternative Energien für mehrere Monate aussetzte, hat sie es wohl geschafft, die Expansion in diesem Sektor zu stoppen. Außerdem sehen die neuen Regelungen bescheidenere Fördersätze vor.
Auch in Zukunft bewirkt der Kompensationsfonds also vor allem eine Umverteilung von Privathaushalten und Unternehmen hin zu Sonnen- und Windkraftanlagen, und vor allem zu Unternehmen, die KWK-Anlagen betreiben. Dass ein großer Teil dieser Anlagen industriellen Zwecken dienen, die KWK-Prämien also an die eigenen Mitglieder zurück fließen, vergisst die Fedil zu erwähnen.
Ebenfalls unerwähnt bleibt, dass die größten Stromverbraucher, die an das 65-Kilovolt-Hochspannungsnetz angeschlossen sind, von den Zahlungen in den Kompensationsfonds befreit sind. So wandelt sich das Bild: Es sind weniger die Solarzellen auf den Dächern der Wohnhäuser, die die Kleinunternehmen belasten, als die KWK-Anlagen der Großindustrie.
Die Behauptung, der Aufschlag auf den Strompreis behindere die Wettbewerbsfähigkeit, ist ebenfalls nicht belegt. Industriebetriebe haben die Möglichkeit, direkt mit den Stromlieferanten zu verhandeln und günstigere Tarife zu bekommen als Privatpersonen. Richtig ist wahrscheinlich, dass Strom in Frankreich billiger ist. Doch das hängt vor allem mit der verkappten Förderung der Nuklearindustrie durch den französischen Staat zusammen – ein klarer Fall von Ökodumping.
Die Haltung der Fedil erinnert an die Versuche der europäischen Chemieindustrie, die Reach-Richtlinie, die den Umgang mit gefährlichen Chemikalien regeln soll, aufzuweichen. Vor einer Woche beschloss die Luxemburger EU-Präsidentschaft, eine strenge Regelung anzustreben, nachdem eine Studie gezeigt hatte, dass die Kosten für die Industrie sehr gering seien. Auf längere Sicht bedeutet ein strengerer Umgang mit gefährlichen Chemikalien einen Wissensvorsprung und damit einen Wettbewerbsvorteil. Das Gleiche gilt im Energiebereich. Statt über teuren Strom zu klagen, sollte sich die Industrie bemühen, energieeffizienter zu arbeiten und dadurch weniger Elektrizität zu verbrauchen. Das größte Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung ist der Mangel an Flexibilität … in den Chefetagen.