SICHERHEIT: Auf rechtem Kurs

Keine „Law and Order“-Politik will laut eigener Aussage die DP. Was sie in punkto Sicherheit vorschlägt, klingt aber verdächtig danach. Ein peinliches Wahlmanöver mit ideologischem Hintergrund.

„Sou e Gefill vun Onsëcherheet ass et scho laang net méi zu Lëtzebuerg ginn“, empört sich DP-Kandidat Xavier Bettel vor dem RTL-Mikrophon. Und Spitzenkandidatin Lydie Polfer setzt noch eins drauf: „Ech fannen, datt et intenabel ass. Mir kënnen net esou weiderfueren.“ Die Aufregung gilt nicht etwa den beiden neuesten Zahlen zur häuslichen Gewalt, die soeben veröffentlicht wurden, sondern der laut DP in Luxemburg grassierenden Unsicherheit.

Die DP ist nicht die erste Partei, die im Gemeindewahlkampf mal wieder das Thema Sicherheit entdeckt. Nach der CSV mit ihrem Slogan „De sëchere Wee“, der in Person des Rechtsanwalts und Präsidenten Laurent Mosar forsch vertreten wird, treten Polfer und Bettel nun „fir eng lieweg a sëcher Stad“ ein. Dass beide Parteien in der Hauptstadt gemeinsam das politische Geschäft führen, tut dem keinen Abbruch. Die DP wälzt aber die Verantwortung auf die nationale Ebene ab: CSV-Justizminister Frieden zeige als Justiz- und Polizeiminister nicht genügend Einsatz.

Der hatte bei einer Pressekonferenz im Frühjahr Zahlen auf den Tisch gelegt: Proportional zur Bevölkerung sei die Kriminalität von 2003 bis 2004 um zwei Prozent gestiegen, allerdings seien Überfälle, Diebstahl mit Gewaltanwendung und Einbrüche rückläufig. Es seien vor allem Körperverletzungen – darunter auch Gewalt in der Familie – und Drogendelikte, die zugenommen hätten, sagte Frieden. Selbst eher als Law and Order-Fan bekannt, unterstrich er, dass die Zahlen auch davon abhängen, ob in bestimmten Bereichen die Strafverfolgung mehr oder weniger stark entwickelt sei. Und auch die CSV kommt nicht umhin in ihrem Wahlprogramm zu bemerken, dass Luxemburg zurzeit die sicherste Hauptstadt Europas ist.

Doch das DP-Duett Polfer-Bettel sieht wohl in dem Thema vor allem eine Chance, sich selbst ins Rampenlicht zu setzen. Auch diese Taktik ist nicht neu: Vor einer Woche hatte ADR-Spitzenkandidat Jacques-Yves Henckes schon die „Zustände“ im Stadtpark angeprangert. Nun findet auch Lydie Polfer es skandalös, dass „am hellichten Tag“ dort der Drogenhandel blühe, wo täglich Schüler und Schülerinnen auf ihrem Schulweg seien.

Dass Bürgermeister Paul Helminger bei der DP-Pressekonferenz nicht anwesend war, spricht dabei Bände. Nicht nur kommt es Polfer und Bettel wohl gelegen, wenn der Konkurrent aus den eigenen Reihen im Wahlkampf mal außen vor bleibt. Es hätte vielleicht auch die eine oder andere präzisere Frage zur Bilanz der DP-Politik in der Hauptstadt gegeben.

Denn gerade in der Stadt Luxemburg hat man sich sehr, sehr lange Zeit gelassen, um etwa das Thema Drogen anzugehen – und hat zum Beispiel beim Thema Fixerstube bis vor kurzem noch gemauert. Auch für andere soziale Probleme, die oft Grundlage von Kriminalität sind, fühlte man sich jahrzehntelang nicht zuständig: Obdachlosigkeit und Marginalisierung, Jugendliche ohne Familienbezug, steigende Gewaltbereitschaft, Arbeitslosigkeit. Gerade mal zwei Streetworker finanziert die Stadt Luxemburg. Die sind zudem mit Verwaltungskram so überlastet, dass sie ihrem eigentlichen Auftrag nicht genügend nachkommen können. Der Vorschlag von elf Hilfsorganisationen vom letzten November, in der Hauptstadt einen Runden Tisch einzurichten, um solche Probleme anzugehen, wurde von der DP nicht aufgegriffen. Die mag lieber, wie übrigens auch die CSV, für Kameras im öffentlichen Raum plädieren, die den „Bierger“ schützen sollen, oder auch für mehr Sicherheitskräfte.

Die Polfer-Bettel-Aktion entpuppt sich so als peinliches Wahlmanöver. Wie schon bei den Nationalwahlen zeigt die DP auch hier, dass sie, statt innovative Ideen zu entwickeln, eher zu abgegriffenen Tricks aus der politischen Mottenkiste greift – nach dem Motto: Das Thema Sicherheit zieht immer. Doch darüber hinaus zeigt sich die DP damit auch als das, was sie ist: keine linke, sondern eine rechte Alternative zur CSV.


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