PROSTITUTION: Verbot contra Stundenhotel

Welches Konzept macht das Rennen – das schwedische oder doch eher das holländische? So zumindest mutet der gegenwärtige Schlagabtausch um eine rechtliche Regelung der Prostitution an.

Die rhetorische Frage der Familienministerin Marie-Josée Jacobs an die Deputierten anlässlich der Chamberdebatte am vergangenen Dienstag, wer unter den Anwesenden es zulassen würde, dass die eigenen Kinder sich prostituieren, hätten natürlich die meisten verneint. Ob allerdings die Antwort auf die Frage, wer von den Abgeordneten jemals Dienste von Prostituierten in Anspruch genommen habe, ähnlich ausgefallen wäre, sei dahin gestellt.

Mittlerweile scheint die grundsätzliche Problematik, welche Form der Prostitution in Luxemburg rechtlich toleriert werden soll, sowie die Frage, wie man Prostitution im Interesse der rechtlichen und sozialen Sicherheit von Prostituierten regeln kann, zu einer wahren Modell-Schlacht zu verkommen. Sich auf eine diffuse Studie stützend, scheint die Diskussion im Pro und Kontra „schwedisches Modell versus Eros-Center“ festgefahren.

Der DP-Abgeordnete Xavier Bettel, Verfechter des Stundenhotels, kritisiert die Scheinheiligkeit des schwedischen Modells: Prostitution habe es schon immer gegeben, diese sei auch durch Gesetze nicht aus der Welt zu schaffen. Das schwedische „Verbot des käuflichen Erwerbs sexueller Dienstleistungen“, das seit 1999 die Freier kriminalisiert, habe nur bewirkt, dass die Prostitution versteckter – über Internet und Anzeigen – verlaufe und sich in Privaträumen abspiele, wodurch Übergriffe schwerer zu kontrollieren seien. Auch beraube sich der Gesetzgeber dadurch jeder rechtliche Handhabe. Betroffene Frauen müssten sich aufgrund des Verbotes zudem häufiger prostituieren, weil die Kunden ausblieben.

Dagegen spricht sich die Ministerin weiter für das schwedische Modell aus, wenn auch nur als momentane Präferenz. Sie begründet die Vorteile dieser Regelung damit, dass die Straßenprostitution in Schweden um 41 Prozent zurückgegangen sei. Zwar könne man die illegale Prostitution in den Wohnungen nicht beziffern. Dies gelte jedoch ebenso für Holland oder Deutschland, Länder in denen ein gesetzlicher Rahmen die Prostitution regelt und toleriert. Gerade jungen Prostituierten habe das schwedische Gesetz ermöglicht, mit Hilfe von Sozialdiensten aus der Prostitution auszusteigen. Positiv sei weiter, dass sich das Machtverhältnis der Prostituierten zu ihren Freiern verändert habe, da Prostituierte einen Kunden jederzeit an die Polizei ausliefern könnten.

Die von Bettel favorisierte Lösung eines Stundenhotels gehe, so die Ministerin, an der Luxemburger Realität vorbei: Der Anonymität halber würden die Luxemburger eher nach Trier oder Thionville fahren, als nach Luxemburg-Stadt in ein Eros-Center. Doch eine Bestrafung der Freier, wie in Schweden, kann dieselbe Abwanderung ins Nachbarland zur Folge haben. Statt zu polemisieren, wäre es wünschenswert, dass die ersten Einblicke, die die Studie des Gleichheitsministeriums zur Prostitution in Luxemburg geliefert hat, weiter ausgebaut werden – auch im Dialog mit den betroffenen Frauen. Damit könnte eine Rechtslage geschaffen werden, die den hiesigen komplexen Problemen, die mit der Prostitution verbunden sind, gerecht wird. Mit einer verpflichtenden Altersvorsorge und einer gewerberechtlichen Konzession könnte man zumindest einem Teil der Prostituierten einen Status geben, der sie aus dem Untergrund herausholt.


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