Über dreißig Jahre Einsatz für bedrohte Architektur – die Politik dankt es den Bürgerinitiativen mit der Abschaffung des Initiativrechts. Doch auch im Denkmalschutz gilt: Demokratie heißt Mitsprache.
„Mit dem Dossier Meysembourg, dem Abriss des Pôle-Nord-Gebäudes, der Diskussion um den Erhalt der Belvaler Hochöfen und der Ankündigung einer geplanten Renovierung des Pont Adolphe ist die Diskussion um die Luxemburger Denkmalschutzpolitik wieder neu aufgeflammt.“ So beginnt das Dossier „Kulturelle Identität braucht Demokratie“, das der Mouvement écologique am Montag der Öffentlichkeit vorstellte. Und man ist tatsächlich versucht zu glauben, dass dieses Revival nicht nur als Reaktion immer der gleichen DenkmalschützerInnen auf aktuelle Zerstörungsgefahr historischer Bausubstanz zu werten ist, sondern ein gewachsenes Bewusstsein für das Thema ausdrückt. Vielleicht haben Diskussionen wie jene um das Pei-Museum oder um die Cité judiciaire doch ihre Spuren hinterlassen. Vielleicht haben die vielen Auslandsaufenthalte der reisebegeisterten Luxemburger Bevölkerung verdeutlicht, dass es Sinn macht, Zeugen der Vergangenheit wie alte Industriewerke, Kinos oder Parklandschaften zu erhalten und zu pflegen.
Allerdings scheint dieses verstärkte Interesse der Bürgerinnen und Bürger nicht mit einem tieferen Wissen darüber einherzugehen, wie ein sinnvoller Denkmalschutz in der Praxis funktionieren müsste. So ist es auch kein Wunder, dass es den politisch Verantwortlichen denkbar leicht gelingt, spezifischen Initiativen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Im Fall des Fort Thüngen gaben sich einstige Kämpfer gegen die Zerstörung von Teilen der Festungsanlage schließlich damit zufrieden, nun bei der Gestaltung des Festungsmuseums ein Wort mitreden zu können. Neuerdings scheint bei den Belvaler Industriebrachen eine ähnliche Taktik angewandt zu werden. Die Gruppierung von früheren „Schmelz“-Arbeitern, die sich gegen die Zerstörungswut des Fonds Belval bei den Hochöfen engagiert hatte, scheint auf dem besten Wege, ebenfalls vereinnahmt zu werden. Und weiterhin darf nicht damit gerechnet werden, dass die politische Klasse in diesem Dossier sachkundiger geworden wäre. Die Aussagen von politisch Verantwortlichen jedweder Couleur zur „Nei Bréck“ sprechen da genauso Bände wie das negative Gutachten des Echternacher Gemeinderats zur vorgeschlagenen Klassierung eines Hauses aus den Dreißigerjahren.
Umso erfreulicher ist es, dass der Mouvement écologique nicht nur eine Lanze für einen wissenschaftlich fundierten Denkmalschutz bricht, sondern in seinem Dossier auch versucht, die dafür notwendigen Schritte aufzuzeigen und zu erklären. Nicht nur, dass die Umweltschutzorganisation damit eine Sensibilisierungsarbeit aufgreift und weiterführt, die einst von Organisationen wie „Jeunes et Patrimoine“ oder „Stoppt de Bagger“ angekurbelt worden war. Der Zeitpunkt für diese Kampagne ist darüber hinaus günstig: Demnächst soll in der parlamentarischen Kulturkommission der bereits 2000 vorgelegte Gesetzentwurf zur Reform des 83er Denkmalschutzgesetzes wieder aufgenommen werden.
Vielleicht dient das Dossier ja auch den in diesem Bereich meist von wenig Sachkenntnis getrübten Abgeordneten zu einer Nachhilfestunde in Sachen Denkmalschutz. Und vielleicht nehmen sie zur Kenntnis, dass Denkmalschutz und Demokratie Hand in Hand gehen. Im Reformvorschlag war nämlich vorgesehen, das verbriefte Recht der Bürgerinnen und Bürger, selbst Objekte zur Klassierung vorzuschlagen, abzuschaffen. Und der Alternativvorschlag des Staatsrats, ein solches Initiativrecht nur anerkannten Organisationen zuzugestehen, ist da nur ein mittelmäßiger Kompromiss. Denn der Méco unterstreicht zu Recht, dass man die Frage darüber, was Schutz verdient und was nicht, weder verwaltungstechnisch abwickeln noch im kleinen Kreis politischer AktivistInnen verhandeln kann. Denkmalschutz ist eine gesellschaftliche Frage, in der es ein möglichst breit angelegtes Mitspracherecht geben muss.