Installation/Video: Kunst wie Sand am Meer

Ein wenig Sand hier, ein kurzer Film dort. Guillaume Leblon lässt mit seiner Kunst Fragen offen im Raum stehen.

Muschelsand und Muschelgehäuse zwischen den Füßen. Der Blick in die Ferne stößt auf unterschiedliche Grautöne. Am Rand liegen Holzbretter, auf denen die Witterung deutliche Spuren hinterlassen hat. Zwei weiße Decken aus Filz sind mit Sand bedeckt. Mehrere Holzpalisaden formen eine Art Wellenbrecher. Zwei alte Stricke schlängeln sich im Sand. Im Hintergrund ist stets ein Rauschen zu vernehmen. Ein paar Schritte weiter gräbt sich eine Krabbe in den Sand ein und verschwindet. Ein Tag am Meer, was sonst könnte man so beschreiben? Aber weit und breit ist kein Wasser in Sicht. Ist vielleicht gerade Ebbe? Wie gerne würde man doch die Person, die einem als nächstes über den Weg läuft fragen: „Wo ist das Meer?“. Aber auch die wüsste es nicht, schlussendlich befindet man sich doch in den heiligen Hallen des Mudam – genau dort, wo seit einer Woche die Ausstellung „Site of Confluence“ des französischen Künstlers Guillaume Leblon zu sehen ist. Der Künstler ist bekannt für seine Installationen, die er aus Fundstücken, Filmen, Zeichnungen und Skulpturen zusammensetzt. Damit will er die Besucher vor offene Fragen stellen.

Zunächst hofft man, dass das Rauschen aus dem verdunkelten Nebenraum doch Wasser sein könnte. Man sieht allerdings nur eine Holzleiter, auf deren Sprossen Steine ordentlich aneinander gereiht sind. Das Rauschen selbst stammt von einem alten Filmprojektor, der sich als Highlight des Ganzen herausstellt. Aber nicht etwa durch den Film, der zeigt wie sich eine Krabbe langsam in den Sand eingräbt, sondern eher, weil viele heutzutage so einen alten Filmprojektor gar nicht mehr kennen, angesichts des technischen Fortschritts in Form eines Beamers. Wie diese Krabbe verschwinden, möchte man irgendwie auch, denn zu entdecken gibt es nicht mehr viel. Außer vielleicht den einen oder anderen Zigarettenstummel, der sich zwischen den Muscheln verirrt hat.

Oder man betrachtet noch einmal die zwei Meter großen Holzwände, die im Raum stehen. Eine davon ist sogar wie eine Strandliege geformt und positioniert. Am liebsten würde man sich zwischen dem bisschen Sand vorstellen, man läge am Strand, aber auf den zweiten Blick wirkt die Liege mit getrockneten Resten von Algen oder Seegras doch nicht so einladend. Eine Frage, die man sich stellt ist, wie der Künstler diesen modrigen Effekt an den Holzwänden überhaupt erreicht hat. Hat er sie einfach in Salzwasser eingelegt, um sie anschließend wieder herauszufischen und dann im Museum aufzustellen? Oder ließ er sie vielleicht einfach hinter dem Gartenschuppen draußen im Regen stehen, damit sie diesen schimmelähnlichen Belag erhalten? Auch ist unklar, ob das zwei Meter große graue, zerknitterte, hinter Glas eingerahmte Papier das fehlende Meereswasser oder einen Horizont darstellen soll. Und wozu sind die zwei Stricke gedacht?

Hat der Künstler etwa zu viel Seemannsgarn gesponnen und wollte den nun in einem Museum loswerden, um so die Besucher in die Irre zu führen? Wenn seine Kunst wirklich darin besteht, Besucher vor offene Fragen zu stellen, dann ist ihm das durchaus gelungen. Aber es ist keine große Kunst eine Ladung Sand auf einen Parkettboden zu streuen. Mehr als ein Knirschen unter den Füßen hat die Ausstellung nicht zu bieten, und außer einige Sandkörner in den Schuhen nimmt der Besucher auch nicht viel mit. Immerhin könnte man aber behaupten am Meer gewesen zu sein.

Die Ausstellung „Site of Confluence“ ist noch bis zum 13. September im Mudam zu sehen.


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