GEFÄNGNIS: Menschenrechtskontrolleur

Luxemburgs Ombudsmann Marc Fischbach hat ab sofort ein zweites Amt: Er kontrolliert die staatlichen Zwangseinrichtungen. Werden die Rechte von Gefängnisinsassen jetzt besser durchgesetzt?

Sich Klagen anzuhören ist sein Job. Künftig wird Marc Fischbach davon noch mehr abbekommen: In seinem neuen Amt, das formal getrennt von dem des Ombudsmanns bleibt, soll er regelmäßig die Einhaltung der Menschenrechte in Gefängnissen, den Jugendstrafanstalten, dem Abschiebegefängnis auf Findel, sowie in den psychiatrischen Einrichtungen und den Polizeikommissariaten überprüfen und so als „externer Kontrolleur“ über die Rechte von Menschen in Zwangseinrichtungen wachen. Fischbach, ehemals Richter am EU-Gerichtshof für Menschenrechte, übt seit 2004 das Amt des Ombudsmannes aus. Als solcher ist er eine Art Bürgerbeamter. Acht Jahre lang wirkt er als „Médiateur“, als unabhängige und neutrale Instanz, die Beschwerden der BürgerInnen über die Funktionsweise von Behörden entgegennimmt. Dabei kann er allerdings nur Empfehlungen aussprechen. Er verfügt über keinerlei Initiativrecht und fällt keine rechtsverbindlichen Entscheidungen. Ein Ombudsmann soll Ansprechpartner, Vermittler, manchmal Mahner sein.

Fischbachs neue Funktion geht zurück auf ein UN-Zusatzprotokoll, das im April von der Abgeordnetenkammer ratifiziert und damit verbindlich wurde. Dieses so genannte „Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen oder Strafen“ (OPCAT) verpflichtet Luxemburg zur Einführung eines Systems regelmäßiger Besichtigungen an allen Orten, an denen sich Menschen befinden, deren Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist. Auf diese Weise soll Folterungen und anderen unmenschlichen Behandlungen vorgebeugt werden. Zum einen wird ein Präventions-Untersuchungsausschuss, bestehend aus internationalen Experten anderer Unterzeichner-Staaten, Einrichtungen in Luxemburg in Augenschein nehmen. Zum anderen sieht das Protokoll auch eine nationale Überprüfungsinstanz vor. Eben diese Aufgabe wird nun Fischbach übernehmen.

Sein neues Amt will der Ombudsmann nach eigenen Worten zunächst nutzen, um sich ein Bild von der Situation in den Luxemburger Haftanstalten wie auch in psychiatrischen Einrichtungen zu machen. Er berichtete von seinen Plänen, regelmäßige, mitunter auch unangekündigte Besuche der Haftanstalten vorzunehmen, wo er auch Gespräche mit den Insassen sowie dort arbeitenden Ärzten führen will. Hauptaufgabe sei es, insbesondere Fälle von Folter und Misshandlungen zu verhindern. Dies allein genüge jedoch nicht. Vielmehr müssten die Personen, denen die Freiheitsrechte entzogen wurden, ihre grundlegenden Menschenrechte voll ausüben können. Dazu gehöre das Recht auf regelmäßige Besuche der Familie, aber auch die Möglichkeit der Religionsausübung, das Recht auf Bildung, auf gesunde Ernährung und das Recht auf Arbeit, konkretisierte Fischbach. Eine Einschätzung der derzeitigen Situation in Luxemburg gab er leider nicht. Dabei ist die Missachtung dieser grundlegenden Menschenrechte in den Haftanstalten der von der Menschenrechtsliga und anderen Luxemburger NGOs aktuell erhobene Vorwurf.

Transparenz sieht Fischbach als wichtige Vorraussetzung für das neue Amt. So müsse der Kontrollinstanz eine uneingeschränkte Einsicht in alle relevanten Akten garantiert werden. Unabdingbar ist aber auch ihre Unabhängigkeit. Während der Ombudsmann bisher auf die Klagen der BürgerInnen lediglich reagierte und vermittelnd eingriff, kann er nun als unabhängiger Kontrolleur auf eigene Initiative tätig werden. Einmal im Jahr – beginnend 2011 – wird er einen Jahresbericht mit Empfehlungen vorlegen.


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