Die Landkarte Bangladeschs als Fußbodenbelag, Modellschiffe auf Regalen aus Bambus, verschiedene Fotos an der Wand und zwei große Flachbildschirme in Betrieb. Das ist keine ausgefallene Wohnzimmereinrichtung, sondern vielmehr eine aufwändige Wanderausstellung. Genauer gesagt die „Voiles anciennes du Bangladesh“, die zur Zeit im „Centre de Rencontre Culturel Abbaye de Neumünster“ zu begutachten sind. Die Künstler sind auch keine Kunsthochschulabsolventen, sondern ganz einfach die Bewohner Bangladeschs, die ihre Jahrtausende alte Tradition des Bootsbaus den Luxemburgern vorstellen möchten.
Träger und Initiator der Ausstellung ist „Friendship“, eine Nichtregierungsorganisation, die 1998 in Bangladesch ins Leben gerufen wurde und Entwicklungshilfe leistet. Neben medizinischer Versorgung zählt der Bau von Schulen und Infrastruktur, aber auch die Bewahrung kulturellen Gutes zu den Zielen. Und kulturelles Gut sind auch die traditionellen Boote, deren Baupläne seit 5000 Jahren – Bangladesch besitzt die älteste und größte Flotte der Welt – von Generation zu Generation mündlich weitergegeben wurden. Doch angesichts des technischen Fortschritts und der Globalisierung droht die Bootsbau-Tradition verloren zu gehen, und damit auch die Baupläne. „Friendship“ trägt mit seiner Hilfe dazu bei, diese auch für die zukünftigen Generationen zu bewahren.
Die Ausstellung zeigt hauptsächlich die breite Vielfalt an Bootsmodellen, die in Form von Miniaturbooten maßstabsgetreu repräsentiert sind. In Originalgröße dagegen sind die verwendeten Bestandteile, Materialen sowie Werkzeuge, und die zwei Boote im Innenhof der Abbaye de Neumünster, die von drei Bangladescher Bootsbauern eigenhändig vor Ort gebaut wurden. Auch Teil der Ausstellung sind die zahlreichen Schaubilder und Gegenstände, welche den Besuchern die Arbeit von „Friendship“ und der 2006 gegründeten Tochterorganisation „Friendship Luxembourg“ aufzeigen.
So ist beispielsweise mitten im Ausstellungsraum eine sogenannte Wanderschule aufgerichtet, die im Falle einer Überschwemmung einfach abgebaut und an einem sicheren Ort wieder aufgebaut werden kann. Damit wird garantiert, dass Kinder in hochwasserbetroffenen Gebieten auch weiterhin eine Schule besuchen können. Die Ausstellung beschränkt sich also nicht nur auf die Bootskultur von Bangladesch, sondern informiert auch über Land und Leute sowie laufende Hilfsprojekte.
Einen Besuch ist „Voiles anciennes du Bangladesh“ in jedem Fall wert. Der Geruch von Bambusholz und Segeltüchern in der Nase, die vielen Boote und Gegenstände im Blick und – dank der beiden Fernseher – die Sprache Bengali im Ohr: Tatsächlich entsteht der Eindruck direkt nach Bangladesch versetzt worden zu sein. Selten bekommt man die Gelegenheit mehr über das für viele Besucher unbekannte Land zu erfahren, und dazu noch umsonst. Doch obwohl kein Eintritt verlangt wird, erhalten die Bootsbauer mit der Ausstellung finanzielle Unterstützung durch Spenden und Erlöse des Verkaufs von handgearbeiteten Accessoires.
Im Großen und Ganzen eine interessante und faszinierende Ausstellung, die in dieser Form nicht mehr so schnell wieder in Luxemburg anzutreffen sein wird.
Bis zum 19. September im „Centre de Rencontre Culturel Abbaye de Neumünster“: „Voiles anciennes du Bangladesh“
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