Utopie – ein Idealbild, das sich dadurch definiert, dass es zwar vorstellbar und oftmals erstrebenswert ist, aber angesichts des aktuellen Kontextes der Gesellschaft nicht mehr oder noch nicht verwirklicht werden kann. Eine Utopie beschreibt also eine wünschenswerte Welt oder einen Ort, wo solche Vorstellungen Wirklichkeit werden. „EUtopia“ dagegen ist nicht etwa eine Wunschvorstellung für die Europäische Union, sondern eine Kunstausstellung, die momentan im Centre Culturel de Rencontre Abbaye de Neumünster zu sehen ist und den Gegenstand der Utopie aufgreift.
Initiiert und getragen wird „EUtopia“ von „Culture Inside“, ein in Luxemburg ansässiges Netzwerk von und für Künstler, dessen Aktivitäten sich vorwiegend auf seiner Homepage abspielen. Wie in einem Social Network treten hier Künstler und Kunstinteressierte in Kontakt und stellen ihre Werke vor. Dies ist insbesondere als Hilfestellung für noch unbekannte Künstler zu verstehen, die dadurch ihren Bekanntheitsgrad ausbauen und somit eines Tages vielleicht allein vom künstlerischen Schaffen leben können. Der Grundgedanke hierbei ist Künstler verschiedener Nationen zusammenzuführen und die Multikulturalität in der Kunst zu fördern. Der erste Brückenschlag ins Ausland ging über den großen Teich nach New York und die aktuelle Internetpräsenz verzeichnet mehr als 3.000 angemeldete Mitglieder weltweit.
Die Tatsache, dass 2010 das Europäische Jahr der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ist, stellte für „Culture Inside“ den Anstoß für „EUtopia“ dar. Die Organisatoren des Netzwerkes riefen die Künstler dazu auf, ihre Visionen von Armut und sozialer Ausgrenzung, und das europa- und weltweit, künstlerisch darzustellen, um sie anschließend dem scharfen Blick einer Jury auszusetzen. Ausgewählt wurden die Werke von Künstlern aus insgesamt 13 verschiedenen Nationen: Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Israel, Kanada, Luxemburg, Neuseeland, Norwegen, Russland, Spanien, Ukraine und die USA.
EUtopia bringt zu Tage, wie die Künstler sich eine Welt ausmalen, in der es enweder keine Armut mehr gibt, oder in der Armut unserer gegenwärtigen Realität entspricht oder in der Armut ein weitaus größeres, zerstörerisches Ausmaß erreicht. Ob die Utopien, welche die Kunstwerke darstellen, von Optimismus, Realismus oder Pessimismus geprägt sind, blieb dem Künstler überlassen. Dem Besucher bleibt, die Visionen der Künstler zu identifizieren und zu interpretieren – das kann ein individueller oder ein kollektiver Prozess sein.
Jedoch ist das Konzept der Ausstellung in seiner Ausführung nicht so offensichtlich, als dass es einem ins Auge steche. Bilder in Gänge zu hängen, das kennt man auch aus Krankenhäusern. Denn auch dort wird gerne zusammengewürfelt und nicht selten trifft man da auch Menschen mit Visionen, wenn auch in anderer Form. Doch gerade deshalb ist „EUtopia“ auch interessant: Der Besucher entdeckt Kontexte und Interdependenzen, aus der Sicht von Künstlern mit unterschiedlicher Herkunft. Und zwar keine Zukunftsmodelle der Europäischen Union, keine Lobeshymne an das mühsame Zusammenwachsen und an die Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten. Sondern Modelle von Welten, von Orten, die hier, dort und nirgendwo stattfinden könnten. In gewisser Hinsicht eine politische Botschaft. „EUtopia“ ist eine eigene Welt, deren Aussagen der Besucher auf seine Weise für sich mitnehmen kann. Eine Vielzahl von Visionen, ein Haufen Utopien, wie man sie sich vorstellen mag oder auch nicht.
„EUtopia“, noch bis zum 15. September im „Centre Culturel de Rencontre Abbaye de Neumünster“.
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