KANNERHAUS: Heime über Land

Es fehlen Unterkünfte für Kinder und Jugendliche, die raus aus ihren Familien müssen. Das „Kannerhaus Jonglënster“ ist nur ein kleiner Anfang.

„Es sind über 950 Kinder und Jugendliche in Luxemburg, die – größtenteils auf Weisung des Jugendrichters – in Kinderhäusern, bei Familien, in Internaten, den Erziehungsheimen von Dreiborn und Schrassig, sowie bei Institutionen im Ausland untergebracht sind“, stellte die Familienministerin Marie-Josée Jacobs anlässlich der Einweihung des „Kannerhaus Jonglënster“ diese Woche fest. „Wir haben in den letzten Jahren eine ganze Reihe von solchen Infrastrukturen eröffnet. Und trotzdem sagen uns die Jugendrichter, dass das nicht reicht.“

Auch das „Kannerhaus Jonglëns-ter“, das seine Türen erst seit einem Monat geöffnet hat, zählt mittlerweile schon zwölf Kinder im Alter von vier bis zwölf Jahren. Zentral gelegen, erstreckt sich der Wohnkomplex über zwei Etagen mit rund zwanzig renovierten, freundlichen Einzelzimmern für die Kinder, Aufenthaltsräumen, Küche, Sanitäranlagen und Nutzungsbereiche für die Betreuer. Träger des neuen Hauses ist die „Aide familiale“. „Unsere Vereinigung hat bisher eher Hilfestellungen bei Krankheit oder Familienkonflikten im privaten Hausbereich geleistet“, so Jacques Wolter, Generalsekretär der „Aide familiale“. Deshalb habe man im Rahmen der Konföderation mit Caritas eine Kooperation mit „KMA Victor ELZ“ vereinbart, einem Verein, der über langjährige Erfahrungen im Heimbereich verfügt. Rund zwanzig Kinder können in dem neuen Kannerhaus stationär aufgenommen werden.

Neu an dem Konzept ist nicht unbedingt, dass die Kinder von einem multidisziplinären Team, bestehend aus Erziehern, Pädagogen und Familientherapeuten betreut werden, sondern, dass es unterschiedliche Angebote im Haus gibt, die insbesondere eine starke Einbindung der Eltern aber auch des sozialen Gemeindeumfelds vorsehen. „Die Unterbringung für ein Kind, ob das nun freiwillig oder durch richterlichen Beschluss geschieht, ist immer ein traumatisches Erlebnis. Oft wird jedoch vergessen, dass auch die Familie Hilfe braucht“, so Viviane Hansen, Vorsitzende des neuen „Kannerhauses“. So gebe es einerseits die „klassischen“ Hilfsmaßnahmen – hier gibt es zehn Plätze – für Kinder, die langfristig, also über Jahre und meis-tens aufgrund eines richterlichen Beschlusses im Haus bleiben.

Ebenfalls neu seien kürzere, sich über einige Wochen oder Monate hinziehende Maßnahmen. „Unser Haus verfügt über zehn Aushilfs- oder so genannte Internatsplätze“, erläutert Hansen. Diese dienen dazu, Familien in Krisensituationen kurzfristig zu helfen. Etwa wenn ein alleinerziehendes Elternteil plötzlich ins Krankenhaus muss und niemand da ist, der sich um die Kinder kümmern kann. Auf Nachfrage könnten auch Internatsbetten zur Verfügung gestellt werden. Dies sei der Fall, wenn etwa ein Elternteil psychisch krank sei, und noch nicht stabil genug, um die Versorgung der eigenen Kinder wieder ganz zu übernehmen. Um die Zusammenarbeit mit den Eltern zu fördern, soll ab nächstem Jahr eine neutrale Begegnungsstätte für Eltern und Kinder eingerichtet werden. „Wir haben eine Familienberaterin hier, die Eltern auch zu Hause besuchen kann“, so Hansen. Die Eltern sollen umfassend informiert werden und an Versammlungen teilnehmen. „Wichtig ist auch die Integration in der Gemeinde“, meint Hansen. Es gebe eine gute Zusammenarbeit mit der Schule und der Maison relais, die gewillt sei, Kinder mit einem schwierigen Hintergrund auch kurzfristig einzubinden. Auch die lokalen Vereine sollen ermutigt werden, ins Haus zu kommen. „Zukünftig müssen wir dafür sorgen, gezieltere therapeutische Angebote, kleinere Strukturen, die übers Land verteilt sind zu schaffen, damit die Kinder nicht immer ins Ausland müssen, wenn Probleme bestehen“, meint Jacobs. Dazu jedoch seien Vernetzungen sehr wichtig.


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