MEDIEN: No Zap – no Porn?

Der Luxemburger Fernsehhimmel soll pornofrei bleiben. Und wenn es sein muss, greift der Premier deshalb selbst durch. Doch der Fall „No Zap“ zeigt die Mängel des Luxemburger Medienkontrollsystems auf.

Es wird wohl das erste Mal sein, dass ein unter Luxemburger Frequenz laufendes Programm wegen pornographischer Inhalte nicht mehr gesendet werden darf. Am vorigen Freitag hatte Staats- und Medienminister Jean-Claude Juncker angekündigt, die Regierung wolle unter anderem das Programm „No Zap“ des Programmanbieters „Canal Europe Audiovisuel“ vom Netz nehmen – in diesem Fall wegen des Sendens pornographischer Darstellungen.

Bis es dazu kam, war es ein langer Weg. Die ausgestellte Konzession erlaubte „No Zap“ zwar nur ein Programm „consacré au cinéma et au spectacle“. Ende April jedoch brachte die französische Zeitschrift „Télé-Satellite“ einen (Werbe-)Artikel, laut dem pro Nacht ein „erotischer“ plus 3 X-Filme gesendet werden: „du porno en clair!!!“ (= entschlüsselt) und „tarif préférentiel de 50 euros par an!“ lautete die frohe Botschaft. Wohl erst durch diesen Artikel wurde der Luxemburger „Conseil national des programmes“ (CNP) auf den Sender aufmerksam – die Reaktion erfolgte nämlich erst im Juli. Der Entzug der Konzession ist im Übrigen einer rezenten Pressemitteilung des CNP nach noch nicht erfolgt – der Sender hat anscheinend noch eine Bewährungschance bekommen.

Die ganze Affäre wirft Fragen auf, in allererster Linie die der Kontrolle: Laut Programmrat werden die unter Luxemburger „Flagge“ ausgestrahlten Programme zwar in letzter Zeit systematischer durchgezappt (auch nachts?). Der Fall „No Zap“ wurde jedoch von außen an den CNP herangetragen. Der genannte Programmbetreiber scheint sich auch durchaus, so deutet es der zitierte Artikel an, darauf eingestellt zu haben, vielleicht nur einige Monate senden zu können. Die Rechnung ist aufgegangen.

Falls also Regierung und Programmrat es mit der Zielsetzung „No Porn“ bei Luxemburger Sendern ernst meinen, so müsste der Programmrat die Mittel erhalten, eine methodische Kontrolle durchzuführen, die auch im Vorfeld schon schwarze Schafe abschreckt. Auf solche Kontrollen müsste dann auch schnelles Handeln erfolgen können. Nebenbei darf gefragt werden, ob eigentlich der Luxemburger Satellitenbetreiber SES selbst keine Eigenkontrolle unternimmt. „No Zap“ wurde ja von der Satellitenfirma SES-Astra ausgestrahlt, die eine 100-prozentige SES-Global-Tochter ist, und an der wiederum ist der Luxemburger Staat weiterhin zu einem Drittel beteiligt. Bis Redaktionsschluss gab es von SES-Seite keine offizielle Stellungnahme.

Macht das Konzept Kontrolle jedoch überhaupt noch Sinn in einem Medienumfeld, in dem Verbraucherinnen und Verbraucher tagtäglich auf Hunderte anderer Programme ausweichen können? Die Luxemburger Satellitengesellschaft SES-Astra bietet selbst X-Programme in anderen Ländern an, wo die Auflagen anscheinend weniger streng sind: X-Zone in den Niederlanden, XXL in Frankreich oder Private Gold in Ungarn etwa. Und neben Astra gibt es wiederum andere Programmanbieter.

Immerhin scheint sich überall in Europa die Erkenntnis durchzusetzen, dass der Zugang zu Pornos zumindest für Kinder und Jugendliche problematisch ist – die frauenfeindliche Darstellung der allermeisten dieser X-Filme ist da schon ein weniger gesellschaftsfähiges Argument. Auf jeden Fall wird in vielen EU-Staaten versucht, auf staatlicher Ebene oder durch Selbstverpflichtung der Programmsender Grenzen zu setzen, wenn auch nicht immer mit dem allergrößten Erfolg. Astra zum Beispiel bietet in Luxemburg neben „No Zap“ auch das Pornoprogramm „Taquilla X“ an, derweil bei deutschen Privatsendern die dort geltende Selbstverpflichtung nicht gerade streng gehandhabt zu werden scheint.

Wie gut also, dass wir einen christlich-sozialen Premier haben, der den FeministInnen die Arbeit abnimmt. Aber vielleicht sollte trotzdem drüber nachgedacht werden, ob er es selbst sein soll, der Verbote verhängt. Ein gerichtliches Gremium anstelle der willkürlichen Entscheidung des Medienministers: Das wäre nicht nur demokratischer, es würde auch den bösen Zungen Einhalt gebieten, laut denen Junckers Ankündigung vor allem der Imagepflege diente.

Ein Kommentar von Renée Wagener


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