Kleine und große Maßnahmen hat die Regierung angekündigt, doch selbst die begrüßenswerten unter diesen stehen im Dienst einer verfehlten Strategie.
„Neue Perspektiven für Luxemburg“ hatte Xavier Bettel seine Rede zum Budget 2015 überschrieben. Den Wortstamm „Zukunft“ benutzte er 36 mal, „Reform“ immerhin 16 mal. Diese Art Rhetorik soll der Bevölkerung die kommenden sozialen Einschnitte schmackhaft machen. Doch sie führt vor allem dazu, dass die Idee von Reformen, die für eine bessere Zukunft notwendig sind, diskreditiert wird. Denn unter den von Bettel angekündigten Maßnahmen sind nur wenige – wie der Einstieg in die Gratis-Kinderbetreuung – zukunftsweisend. Die meisten sind Leistungskürzungen und neue Abgaben, bei denen – abgesehen von ihrer oft unsozialen Ausrichtung – keine Gesamtlogik zu erkennen ist (siehe Regard S. 6).
Dabei sind Reformen nötiger denn je, um die Zukunft vorzubereiten. In einem Appell an die französische Regierung schreibt Guillaume Duval, Chefredakteur von „Alternatives économiques“: „Die wichtigste Reform, die wir unbedingt durchführen müssen, anhand derer unsere Kinder uns beurteilen werden, besteht nicht darin, sich an den Arbeitslosen und den Armen zu vergreifen. (…) Es geht an erster Stelle darum, das Land auf den Weg einer Energiewende und einer Ökologisierung der Wirtschaft zu bringen.“ Ähnlich wie in Luxemburg regieren in Paris nicht etwa die Konservativen, sondern die in einem Wahlbündnis mit den Grünen gewählte Sozialistische Partei. Mittlerweile haben die „Verts“ der Regierung den Rücken gekehrt, derweil „Déi Gréng“ noch immer dabei sind – es scheint keinen Unterschied zu machen.
Der erste Fehler der „Reformer“ in Frankreich wie in Luxemburg besteht darin, sozialstaatliche Leistungen auf dem Altar von Schuldenabbau und Konkurrenzfähigkeit zu opfern. Für eine erfolgreiche Überwindung der Krise würde es natürlich nicht reichen, wenn Luxemburg allein dem Sparwahn eine Absage erteilte, dafür bedarf es einer antizyklischen Politik auf europäischer Ebene. Doch das Überschuldungslamento von DP-, LSAP- und Grünen-VertreterInnen zeigt, dass sie in dieser Frage näher an den deutschen Bänkern als am italienischen Regierungschef Matteo Renzi sind.
Auch die steuerlichen Maßnahmen der Dreierkoalition weisen in die falsche Richtung. Die Steuerlast zu erhöhen ist sinnvoll, weil die Ökologisierung der Wirtschaft zusätzliche öffentliche Ausgaben nötig macht. Doch eine Steuerreform sollte von oben nach unten umverteilen und vor allem Energie- und Ressourcenverbrauch stärker belasten. Bettel dagegen kündigte an, Ziel der geplanten Reform sei, die Mittelschicht zu entlasten und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken.
„Der Tram kommt zu spät und reicht nicht aus.“
Macht die Regierung denn alles falsch? Das nun nicht – die rasche Umsetzung des Tram-Projekts ist gewiss ein Schritt in die richtige Richtung. Dass für die 20-jährige Verzögerung die Vorgängerregierungen verantwortlich sind, ändert nichts daran, dass der Tram zu spät kommt – und als Neuerung nicht ausreicht. Erforderlich wären eine rapide Umstellung unseres Mobilitätsverhaltens – doch es fließt weiterhin viel Geld in den Straßenbau, die Zersiedlung ist außer Kontrolle und eine konsequente Erhöhung der Spritpreise bleibt tabu. Statt eines grünen Umbaus wird die blau-rot-grüne Regierung bestenfalls einen grünen Anbau bewerkstelligen.
Davor zu warnen, wir seien eine Generation von Schuldenmachern, die ihren Kindern unerträgliche Rückzahlungen aufbürdet, dient nur dazu, von den Unterschieden zwischen Arm und Reich abzulenken. Bettels Aussage, dass es auch um die Umwelt, die Luftqualität und das Trinkwasser gehe, das wir unseren Kindern hinterlassen, ist eine reine Floskel, denn konkrete Ankündigungen gab es keine. Die „ökologische Schuld“ Luxemburgs – nicht zuletzt in Form des kumulierten CO2-Ausstoßes – wird weiter wachsen. Was Duval der französischen Regierung vorwirft, wird auch für die luxemburgische gelten: „Statt für die Zukunft des Landes vorzusorgen, wie ihr das immer wieder theatralisch behauptet, habt ihr sie aufs Spiel gesetzt.“