IRAK-KRISE: Eine Glaubensfrage

Die Rede des US-Außenministers vor dem Uno-Sicherheitsrat hat nicht viel geändert: In der Irakfrage bleibt die (regierende) Welt fast so gespalten wie zuvor.

Nach der Rede ist vor der Rede, so könnte der erste Eindruck über das internationale Echo auf die Rede des amerikanischen Außenministers Colin Powell vor dem Uno-Sicherheitsrat zusammengefasst werden. Der Ex-General hatte am vergangenen Mittwoch in New York versucht, mit Hilfe von Tonbandaufnahmen und Satellitenbildern zu belegen, wozu die Uno-Waffeninspekteure bis heute nicht fähig sind: Dass der Irak in der Lage ist, Massenvernichtungsmittel zu produzieren, und der irakische Staatschef Saddam Hussein alles tue, um die Waffeninspekteure an der Nase herumzuführen.

Doch trotz rhetorisch geschickt geführter Multi-Media-Show blieben spektakuläre Beweise aus – so kommt es wohl auch, dass die Stellungnahmen der Ratmitglieder nach der Rede Powells im Grunde nicht viel Neues brachten.

Der Irak beteuerte noch immer seine Unschuld, der britische Außenminister Jack Straw sah sich in seinem pro-amerikanischen Kurs bestätigt, Deutschland, Frankreich sowie die Vetomächte Russland und China hingegen sprachen sich weiterhin für eine – verschärfte – Fortführung der Uno-Inspektionen aus, obgleich deren Erfolgsaussichten recht gering sein dürften. Sollten die Bilder, welche die USA vorlegten, tatsächlich stimmen, haben die Iraker kurz vor dem Eintreffen der Uno-Kontrolleure lastwagenweise brisantes Material weggeschafft. Das wäre auch nicht wirklich erstaunlich. Schließlich hatte Saddam schon 1991 die Inspektoren nachweislich mit Hase- und Igel-Spielchen zu täuschen versucht. Alles also alt bekannt?

Dass nicht alles ganz beim Alten geblieben ist, zeigt die am vergangenen Mittwoch im Anschluss an die Sitzung des Uno-Sicherheitsrates veröffentlichte Erklärung des „Komitees zur Befreiung des Irak“. Darin sprachen sich die Außenminister zehn osteuropäischer Staaten für einen Sturz Saddam Husseins und die Einsetzung einer demokratischen Regierung im Irak aus, eine Forderung, die schon die USA als Argument für einen Attacke auf den Irak ins Feld geführt hatte. Diese Unterstützung ebenso wie der „Brief der europäischen Acht“ von vergangener Woche dürfte wohl auch der größte Erfolg der amerikanischen Regierung bei ihrem Werbefeldzug für einen harten Kurs gegen den Irak sein, immerhin hieß es aus Diplomatenkreisen, dass US-amerikanische Vertreter hinter den Kulissen nachdrücklich um eine solche Solidarität ersucht hatten.

Doch Europa ist in der Irakfrage nicht erst seit Donald Rumsfelds populistischer Trennung zwischen einem „alten“ und einem „neuen Europa“ zerrissen. Eine einheitliche Bewertung des Konfliktes gab es in der EU nie wirklich, auch wenn einige anderes glauben machen woll(t)en. Die beiden Schreiben sind vielmehr Ausdruck historisch gewachsener unterschiedlicher Interessenlagen: Die konservativ regierten Länder Spanien, Italien und Ungarn sind mit ihren Militäreinrichtungen heute schon wichtige Verbündete der USA. Andere hoffen das noch zu werden. So gehören die meisten osteuropäischen Unterzeichnerstaaten zur so genannten „Vilnius“-Gruppe, den Nato-Kandidatenländern. Da ist sicher ratsam, sich mit dem politischen Schwerstgewicht in der Nato, eben den USA, gut zu stellen. Zumal dieses Militärbündnis trotz Schwächeanfälle in der nach-kommunistischen Vergangenheit immer noch mehr verspricht als die brachliegenden Pläne einer gemeinsamen europäischen außen- und Sicherheitspolitik.

Aber jenseits von all diesen mehr oder weniger offensichtlichen Machtinteressen und strategischen Überlegungen der politisch Verantwortlichen gibt es noch weitere AkteurInnen, welche vor allem die regierenden Ja-Sager besser nicht vergessen sollten. Internationale Meinungsumfragen haben es wiederholt bestätigt: Die jeweiligen Bevölkerungen liegen in ihrem Nein zu einem Krieg gar nicht so weit von einander entfernt, und dies beileibe nicht nur in Europa. Ob die Ausführungen Powells sie überzeugt haben, dürfte sich am 15. Februar zeigen. Dann nämlich werden die GegnerInnen eines Irak-Krieges auf die Straße gehen.


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