Biolandwirt*innen und Umweltschutzorganisationen sind erbost, weil sie nicht auf den Agrargipfel eingeladen wurden.
Am heutigen Donnerstag, dem 26. Januar, findet ein Agrargipfel auf Schloss Senningen statt. Geladen haben neben Landwirtschaftsminister Claude Haagen (LSAP) auch die Umweltministerin Joëlle Welfring (Déi Gréng) und Premierminister Xavier Bettel (DP). Neben der Frage, wer an den Gesprächen teilnehmen kann, ist im Vorfeld nicht klar, was überhaupt noch beschlossen werden soll. Immerhin hat das Landwirtschaftsministerium bereits am Dienstag mitgeteilt, welche strittigen Punkte im neuen Agrargesetz abgeändert werden sollen. Hohe Treibhausgas- und Ammoniakemissionen, starker Einfluss auf die natürliche Umwelt und kleiner Bioanteil: Die Kennzahlen der Luxemburger Landwirtschaft sind nicht unbedingt rosig. Zuletzt hatten die hohen Milchpreise zwar in der konventionellen Landwirtschaft für Kostendeckung gesorgt, dennoch sorgte sich der Sektor wegen fehlender Zukunftsaussichten. Im Gesetzesentwurf der Regierung war vorgesehen, die Vergrößerung von Rinderherden nur noch genehmigungspflichtig zuzulassen. Der Viehbestand in Luxemburg sollte eher schrumpfen, um die Ammoniakemissionen zu senken (siehe woxx 1713).
Für Betriebe, die nach einer Vergrößerung ihrer Rinderherde mehr als fünf Vollzeitarbeitskräfte einstellen müssten, sollte es keine Genehmigung mehr geben. Das, so teilte Haagen am 24. Januar in einer Pressemitteilung mit, sei nun teilweise vom Tisch: Wer auf dem Stand der Technik sei, könne trotzdem vergrößern. Das haben Landwirtschaftskammer und Minister gemeinsam beschlossen. Ebenfalls soll es Anpassungen bei der Definition des „aktiven Landwirts“ und bei den Investitionshilfen geben. Letztere sollen an die Entwicklung der Preise der letzten Monate angepasst werden.
Zielkonflikte
Für Umweltschutzorganisationen und den Biosektor sind das enttäuschende Nachrichten, sie hätten sich einen stärken Fokus auf Naturschutz und mehr Hilfen für den Biolandbau gewünscht. In einer gemeinsamen Pressemitteilung forderten Greenpeace, Mouvement Écologique, Natur an Ëmwelt, SOS Faim, die Vereenegung fir Biolandwirtschaft Lëtzebuerg und das Centre for Ecological Learning (Cell), dass der Gesetzesentwurf nach dem Agrargipfel noch „in wesentlichen Aspekten reformiert“ wird. Im aktuellen Vorschlag seien weder die Anmerkungen der EU-Kommission noch die Resultate von Studien des Wasserwirtschaftsamtes oder des Observatoire de l’environnement naturel berücksichtigt worden.
Die NGOs kritisieren, dass die subventionierten Naturschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft oft im Konflikt mit den Produktionszielen der Betriebe stünden. „Notwendig sind Reformen, die eine flächengebundene Landwirtschaft, die Entlohnung von Leistungen der Landwirt[*]innen in den Fokus rücken“, heißt es in der Mitteilung. Bis 2025 soll in Luxemburg auf 20 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen Biolandwirtschaft betrieben werden. Das Ziel, das 2020 im Bioaktionsplan festgelegt wurde, ist in weiter Ferne: Nicht ganz sechs Prozent der Nutzfläche Luxemburgs wurden Ende 2021 biologisch bewirtschaftet – so die aktuellen Zahlen des Landwirtschaftsministeriums.
Die Jugendorganisation des Méco, „Move“, meldete sich ebenfalls im Vorfeld des Agrargipfels zu Wort: „Es wird höchste Zeit für eine ökologische, klima- und sozialgerechte Landwirtschaft, die das Wohl von Mensch und Tier in den Mittelpunkt stellt und eine gute und gesunde Ernährung für jeden ermöglicht“, schreiben die Aktivist*innen. Sie fordern neben einer nachhaltigeren Landwirtschaft auch mehr bio, lokale, vegane und vegetarische Lebensmittel in den Schulkantinen und wollen die Lebensmittelverschwendung (siehe woxx 1719) gestoppt sehen. Förderung für Biolandbau, Senkung der Treibhausgas- und Ammoniakemissionen, Lebensmittelproduktion und Naturschutz in Einklang bringen, ein besseres Angebot in den Schulkantinen und ein Ende der Lebensmittelverschwendung – eigentlich alles Themen, die man gemeinsam auf dem Agrargipfel hätte besprechen können. Doch Regierung und landwirtschaftlicher Sektor diskutieren dort alleine, denn die NGOs sind nicht eingeladen.