Alterspolitik: Lieber im Schneckentempo?

Die Abgeordneten waren sich einig: Drittes Alter geht uns alle etwas an. Umso ernüchternder, dass Anträge hin zu einer effizienteren Senior*innenpolitik von der Chambre abgelehnt wurden.

Foto: Edu Carvalho (Pexels)

Die CSV berief am Mittwoch eine „Heure d’actualité“ in der Abgeordnetenkammer zum Thema „Drittes Alter“ ein. Eine naheliegende Aufforderung, nachdem in den letzten Monaten vermehrt über lange Wartelisten in Pflege- und Altersheimen oder soziale Isolation im Alter diskutiert wurde. Marc Spautz, Referent des Dossiers, betonte in seiner Rede, dass das Ministerium für Familie, Integration und die Großregion die Senior*innenpolitik nicht alleine stemmen könne. Alterspolitik werfe viele Fragen auf – sowohl wirtschaftliche als auch soziale. Man müsse über das Rentensystem sprechen, über die Wohnungssituation, über die Lebensqualität im Allgemeinen. Die Redner*innen, die auf Spautz folgten, pflichteten ihm bei. Konkret legte die CSV Motionen vor, die unter anderem den Bau von Betreuungsstrukturen für Senior*innen beschleunigen und die finanzielle Förderung von Initiativen für Senior*innen verbessern sollen.

Die aktive Ausarbeitung einer Strategie, um das „Centre intégré pour personnes âgées“ (CIPA) in Rümelingen schnellstmöglich fertigzustellen, wurde mehrheitlich abgelehnt. Das Projekt in Rümelingen war 2015 aufgrund von Unstimmigkeiten mit dem zuständigen Architekturbüro auf Eis gelegt worden. Familienministerin Corinne Cahen versicherte, die Verhandlungen würden laufen – das Dossier werde zeitnah abgeschlossen. Bei der zweiten Motion stütze Spautz sich auf Prognosen: 2060 machen Menschen über 65 voraussichtlich rund 22 Prozent der luxemburgischen Bevölkerung aus. Die Anträge auf eines der 3.871 verfügbaren Betten in den CIPAs oder auf eines der 2.379 Zimmer in den Maisons de soins (Stand 2017), geht derzeit nicht zurück. Die CSV fordert deshalb eine beschleunigte Investitionspolitik und die Erhöhung der „chambres de vacances“. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt.

In puncto Wohnsituation wies Marc Baum von „déi Lénk“ darauf hin, dass sich die Problematik bei Senior*innen verschärfen könne: Noch würde ein Großteil der Senior*innen über ein Eigenheim verfügen, doch es sei absehbar, dass nachfolgende Generationen im Alter vermehrt zur Miete wohnen müssten. Baums Überlegung steht nicht unmittelbar in Verbindung mit der Anzahl an verfügbaren Betten in Alters- und Pflegestrukturen, ist aber relevant, wenn man generell über die Wohnsituation von Senior*innen spricht.

Cahen versprach derweil die Erhöhung der Unterkünfte und gab an, es seien etliche in Planung. Die Regierung wolle zudem, so ihr Parteikollege Max Hahn, verstärkt auf alternative Wohnformen (Wohngemeinschaften, intergenerationelle Konzepte) setzen. Beide bestätigten, es sei darüber hinaus ein Gesetz auf dem Instanzenweg, das Transparenz bezüglich der Kosten der Infrastrukturen bringen soll. Die Strukturen werden künftig dazu angeleitet, eine detaillierte Kostenaufstellung zu veröffentlichen und es den Betroffenen somit zu ermöglichen, eine informierte Entscheidung nach ihren finanziellen Möglichkeiten zu treffen. Die fallen je nach Lebensgeschichte mau aus, wie Marc Baum festhielt: Die Mindestrente in Höhe von rund 1.840 Euro (bei 40 vollen Beitragsjahren, Stand 2019) reiche kaum aus, um ein annehmbares Leben in Luxemburg zu führen. Zwar liege die Altersarmut in Luxemburg mit 9,3 Prozent unter dem europäischen Durchschnitt, sie habe sich allerdings seit 2012 verdoppelt.

Dass Armut und Alter die soziale Isolation begünstigen können, ist bekannt. Umso wichtiger sind Initiativen, die auch finanziell benachteiligten Menschen ein Freizeitangebot bieten können. Die Mehrheit der Abgeordneten sprach sich dennoch gegen erhöhte Fördergelder für entsprechende Vereinigungen aus. Interessant: Ein „Non“ gab es auch für den Vorschlag, ein kollaboratives Programm auszuarbeiten, um die Beteiligung lokaler Akteur*innen und der Bürger*innen am Kampf gegen die soziale Isolation zu ermutigen. Sowohl Cahen als auch Hahn hoben zwar hervor, wie wichtig es sei, Strategien gegen die soziale Isolation zu entwickeln und bestehende Konzepte – wie beispielsweise die Zusammenarbeit mit den Senior*innenclubs oder das ministerielle „Active Ageing“ – zu unterstützen, doch auch sie stimmten gegen die Motion.

Das Budget 2020 legt immerhin nahe, dass vonseiten des Ministeriums für Familie, Integration und die Großregion in den kommenden Jahren mehr Geld in die Senior*innenpolitik und die Betreuung älterer Menschen fließen soll als noch in den Vorjahren.


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