Auf Apple TV+: Bad Sisters

Sowohl lustig als auch spannend, jongliert die Serie „Bad Sisters“ viele Figuren und Themen auf beeindruckende Weise.

Wer von den Schwestern hat John Paul auf dem Gewissen? (Copyright: Apple)

Wer hat John Paul getötet? Diese Frage steht in einer neuen Apple TV-Serie von der ersten Szene an im Raum. Dass man überhaupt von einem Mord ausgeht, hängt mit dem verdächtigen Verhalten der titelgebenden „bad sisters“, den vier Schwestern von John Pauls Frau, zusammen. Wieso wären sie so nervös, wenn sie nichts mit dem Tod zu tun hätten?

Zu Beginn wirkt „Bad Sisters“ also wie ein klassisches Whodunnit. Interessanterweise aber nicht etwa deshalb, weil der Tod offiziell als Mord klassifiziert wurde. Tatsächlich sind sich die Autoritäten derart sicher, dass der von Claes Bang gespielte JP, wie John Paul meist genannt wird, durch einen selbstverschuldeten Unfall gestorben ist, dass nicht einmal eine Autopsie angeordnet wurde.

Nur die Versicherungsfirma, die Witwe Grace (Anne-Marie Duff) nun einen mächtigen Batzen Geld ausbezahlen soll, hegt ihre Zweifel an dieser Theorie. Um der Wahrheit auf die Spur zu kommen, fangen die Besitzer des Familienbetriebs, die Halbbrüder Thomas (Brian Gleeson) und Matthew (Daryl McCormack), an, John Pauls familiäres Umfeld zu befragen. Je mehr sie herumschnüffeln, desto mehr verhärtet sich ihr Verdacht.

Was Matt und Tom zunächst nicht wissen, die Zuschauer*innen aber bald durch Rückblenden erfahren: Zu Lebzeiten war John Paul das, was man umgangsprachlich ein mieses Arschloch nennt. Wer sich seinen Bedürfnissen in den Weg stellte, wurde von ihm gemobbt, belogen, gestalkt und misshandelt. Die Frage nach einem potenziellen Mordmotiv ist also schnell geklärt.

„Bad Sisters“ wirkt anfangs ein wenig wie ein irisches Spin-off von „Big Little Lies“, entpuppt sich aber schnell als etwas ganz anderes. Einerseits kommen neben den Schwestern Eva (Sharon Horgan), Becka (Eve Hewson), Bibi (Sarah Greene) und Ursula (Eva Birthistle) noch viele weitere Figuren als potenzielle Täter*innen in Frage. Andererseits macht die Serie keinen Hehl daraus, dass die Schwestern in der Tat planten, JP umzubringen, darin jedoch nicht sonderlich begabt waren – was für viele schreiend komische Situationen sorgt.

Matt und Tom lassen nicht locker, bis der Mord nachgewiesen wurde. (Copyright: Apple)

Während der Gegenwarts-Handlungsstrang mit Matt und Tom das Krimigenre bedient, handelt es sich bei den Rückblenden also eher um eine Comedy-of-Errors. Parallel dazu werden die einzelnen Figuren und ihre Beziehungen zueinander entwickelt. Vor allem in die Dynamiken zwischen JP und Grace sowie Matt und Tom erhalten wir Einblicke. Wir erfahren, dass der Vater letzterer an einer Überdosis verstarb und der Betrieb nun in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Müssten sie Grace den fälligen Betrag ausbezahlen, wären sie bankrott.

Den Überblick verliert man bei den vielen Zeitsprüngen nie. Die unterschiedlichen Schwerpunkte beeinflussen die Atmosphäre der Serie von Szene zu Szene. Mal ist sie lustig-skurril, mal herzzerreißend, ab und zu aber auch äußerst spannend. Dass man von Anfang an weiß, dass JP irgendwann stirbt, tut der Spannung keinen Abbruch, immerhin weiß man nicht, wie er sterben wird. Der Sehspaß wird auch durch die guten Leistungen der Schauspieler*innen gesteigert, allen voran Anne-Marie Duff als Grace und Brian Gleeson als Tom.

Die Eva spielende Schauspielerin, Autorin und Produzentin Sharon Horgan entwickelte das Drehbuch gemeinsam mit den „New Girl“-Autoren Brett Bear und Dave Finkel. Letztere hatten die Rechte für ein Remake der belgischen Serie „Clan“ erworben und Horgan anschließend mit ins Boot genommen. Horgan steckt auch hinter „Catastrophe“ (2015-2019), „Divorce“ (2016-2019) und „Shining Vale“ (2022-) – Serien, die für ihre komplexen weiblichen Figuren bekannt sind. In ihren Produktionen werden ernste Problematiken stets mit einer Prise Humor thematisiert. Wie wenigen anderen gelingt es der Irin dabei, zahlreiche Handlungsebenen ineinanderfließen zu lassen, ohne dass die Serien überfüllt wirken.

„Bad Sisters“ ist da keine Ausnahme. Sie wird von Folge zu Folge besser, flaut dann im mittleren Teil ein wenig ab, bevor sie im letzten Drittel so richtig Fahrt aufnimmt: In der Gegenwart kommen Matt und Tom der Lösung des Rätsels immer näher; in den Rückblenden dagegen wird die Lage immer chaotischer, sodass sich der Verdacht verhärtet, dass keine der Figuren weiß, wessen Mordplan letztendlich aufging. Auf einer tieferen Ebene thematisiert die Serie welchen Effekt eine Traumatisierung auf Menschen haben kann und wie wichtig ein unterstützendes Umfeld für die Opfer ist.

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