Barry Jenkins
: Ein Lichtschimmer im Dunkeln


Mit „Moonlight“ bringt der US-amerikanische Regisseur Barry Jenkins ein schwieriges Erwachsenwerden auf die große Leinwand. Der Film mag eine raue Realität zeigen, doch verliert er nie den Blick für das Schöne.

In der Schule muss Chiron ständig mit Angriffen seiner Mitschüler rechnen.

Was heißt es, ein „richtiger Mann“ zu sein? Bereitwillig Gewalt einzusetzen? Keine Schwäche oder Emotionen zu zeigen? Frauen zu begehren? Dem Regisseur Barry Jenkins war es bei seinem Film „Moonlight“ wichtig, zu verdeutlichen, dass sich diese Frage für schwarze Männer auf besonders eindringliche Weise stellt. „Growing up, you’re told that being a black man, you have to be that much better than your counterparts,“ erklärte der Athlet und Schauspieler Trevante Rhodes kürzlich dem Guardian gegenüber. „You have to be stronger, more masculine and the most dominant force in the room at all times.“ Im Leben des Protagonisten, dessen Geschichte in drei Akten erzählt wird, ist diese Problematik die entscheidende Konstante.

Schon als Kind ist Chiron (Alex Hibbert) fortwährend Opfer physischer und psychischer Gewalt. Im Leben des von seiner drogenabhängigen Mutter (Naomi Harris) vernachlässigten 9-Jährigen sind Einsamkeit und Ausgrenzung beherrschend. Eines Tages jedoch wird der Crack-Dealer Juan (Mahershala Ali) auf ihn aufmerksam. Bald bilden Juan und seine Lebensgefährtin Teresa (Janelle Monáe) eine Art Ersatzfamilie für den Jungen. Im zweiten Teil des Films ist Chiron (Ashton Sanders), mittlerweile ein junger Erwachsener, immer noch beliebte Zielscheibe der Aggressionen seiner MitschülerInnen. Daneben muss er sich zunehmend mit seiner nicht-normativen Sexualität auseinandersetzen. Im letzten Teil hat er (nun durch Trevante Rhodes verkörpert) sich scheinbar in sein Umfeld integriert – doch zu welchem Preis?

In einer Schlüsselszene des auf dem Theaterstück „In Moonlight Black Boys Look Blue“ von Tarell Alvin McCraney basierenden Films erklärt Juan der jungen Hauptfigur: „At some point, you gotta decide for yourself who you’re going to be. Can’t let nobody make that decision for you.“ Darin liegt die größte Herausforderung für Chiron, die er auch nur mit Mühe bewältigt – hin- und hergerissen zwischen seinen wahren Bedürfnissen und dem Verlangen nach einem respektablen Platz in der Gesellschaft.

Behutsam und zärtlich werden die Erfahrungen der Hauptfigur dem Publikum nahegebracht. Nie geht es um pauschale Schuldzuweisungen oder darum, Chirons Leidensweg zu glorifizieren. Sorgfältig vermeiden das Drehbuch und das durchweg beeindruckende SchauspielerInnen-Ensemble die gängigen Klischees; so war es möglich, nuancierte Porträts dieser Figuren entstehen zu lassen. „Moonlight“ ist ein Film der leisen Töne, nichts wird spektakularisiert, das Erzähltempo ist langsam, die Bilder sind poetisch, vieles, wenn nicht sogar das Wesentliche, teilt sich ohne Worte mit. Immer wieder werden mit filmischen Mitteln Einblicke in die subjektive Verfasstheit der Figuren eröffnet: mit kreisenden Kamerafahrten, gelegentlich unscharfen oder verwackelten Bildern, mit Detailaufnahmen und einer präzise orchestrierten Tonarbeit.

Doch trotz all des Leidens, das gezeigt wird, ist „Moonlight“ kein Film, der bloß herunterzieht. Vor allem die Präsenz von Juan, Teresa und Chirons Schulfreund Kevin verleiht ihm eine gewisse Leichtigkeit und lässt es plausibel erscheinen, dass der Protagonist an den nie endenden Schlägen, die das Leben für ihn bereithält, doch nicht zerbricht.

Coming-of-age Filme gibt es zwar viele – „Boyhood“ ist wahrscheinlich der bekannteste der letzten Jahre – doch „Moonlight“ hebt sich von ihnen dadurch ab, dass die in ihm behandelten Problematiken keine typischen Hollywoodthemen sind. Neben Einsamkeit und Mobbing steht vor allem die Frage im Zentrum, wie sich ein schwarzer Mann mit seiner Homosexualität versöhnen kann. Die Besonderheit von „Moonlight“ ergibt sich aus der Brisanz dieser Probleme in einem Amerika, in dem marginalisierte Identitätsgruppen in vergangenen Monaten immer wieder Gewaltattacken ausgesetzt waren.

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Bewertung der woxx : XXX


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