Laut der Gemeindeführung in Sanem sollten Gemeinderät*innen während der Konsultationsphase zum PAG auf eigene Reklamationen verzichten.
Die Gemeinde Sanem hat am vergangenen Freitag die zweite sogenannte „endgültige“ Abstimmung über ihren Bebauungsplan (Plan d’aménagement général – PAG) durchgeführt. Allerdings durften nur etwas mehr als zwei Drittel der 17 Gemeinderatsmitglieder an der Abstimmung teilnehmen. Fünf von ihnen – darunter auch die beiden Oppositionsräte von Déi Lénk – konnten dem Verfahren wegen angeblichen Privatinteresses nur als Zuschauer*innen beiwohnen. Was war passiert?
Einen Tag vor der Abstimmung wurden die betroffenen fünf Mitglieder per E-Mail informiert, dass sie wegen „intérêt personnel“ nicht an der Abstimmung teilnehmen könnten. Tatsächlich hatten diese während der Konsultationsphase eine oder mehrere Reklamationen gegen den PAG eingereicht.
Unter Umständen wäre der Gemeinderat nicht mehr beschlussfähig.
Wie der Bürgermeister und somit Vorsitzende des Gemeinderates, Georges Engel (LSAP), am Anfang der entscheidenden Sitzung erläuterte, war dieses Vorgehen bis zuletzt sowohl mit dem juristischen Beistand der Gemeinde als auch mit dem Innenministerium diskutiert worden, um sich dann doch als unausweichlich zu entpuppen. Es sei die einmütige Einschätzung der Rechtsberater*innen, dass die PAG-Entscheidung riskiere, als null und nichtig erklärt zu werden, wenn die betroffenen Rät*innen an der Beratung und der Abstimmung teilnehmen würden.
Dass einzelne Gemeinderatsmitglieder an bestimmten Debatten nicht teilnehmen, ist nichts Unübliches. Gerade auf kommunaler Ebene kommt es immer wieder zu Entscheidungen, die mit Vor- oder gar Nachteilen für sie oder nahe Verwandte verbunden sind – etwa wenn sie Wohnungs- oder Landeigentümer sind oder die Enkelin für eine Anstellung kandidiert.
Bebauungspläne oder Umklassierungen „interessieren“ sie, wie auch andere Bürger*innen, da sie vorschreiben, was auf einer bestimmten Fläche errichtet werden kann und was nicht. Wenn es also, zum Beispiel, in einer Straße im Interesse der Gemeinde sein kann, eine bestimmte Bauhöhe vorzuschreiben, kann das einem einzelnen Gemeinderatsmitglied durchaus gegen den Strich gehen. Dann steht Eigeninteresse gegen Gemeinwohl – und die Betroffenen sind gebeten, sich nicht an der Aussprache und am Votum zu beteiligen.
Allerdings scheint im vorliegenden Fall das Eigeninteresse doch etwas weit ausgelegt worden zu sein: Wenn einzelne Gemeinderät*innen tatsächlich von einzelnen Bestimmungen des PAG direkt betroffen sind, muss deshalb ihr Votum über den ganzen Text in Frage gestellt werden? Es könnte ja passieren, dass aufgrund umfangreicher Umklassierungen mehr als die Hälfte eines Gemeinderates betroffen, und so unter Umständen der Gemeinderat gar nicht mehr beschlussfähig wäre.
Bei einem der in Sanem ausgeschlossenen Räte, Jos Piscitelli (Déi Lénk), liegt gar kein persönlich gefärbter Einspruch vor. Er hat ausschließlich allgemein gehaltene Anmerkungen oder Vorschläge gemacht.
Umgekehrt wurde das Eigeninteresse nur für solche Ratsmitglieder angeführt, die tatsächlich einen Einspruch eingereicht haben. Das direkte Interesse kann aber auch ohne einen solchen Einspruch bestehen. Derart vorgewarnt könnten unzufriedene Rät*innen andere, ihnen nicht anverwandte Bürger*innen, zum Einspruch motivieren und dann doch noch im eigenen Sinne diskutieren und abstimmen.
Und wieso erwähnt das PAG-Gesetz dann nicht ausdrücklich eine solche Unvereinbarkeit?
Es ist anzunehmen, dass Déi Lénk Einspruch gegen das Verfahren einlegen wird. Es läge dann am Verwaltungsgericht festzustellen, ob der Sanemer Bürgermeister und seine Berater*innen nicht doch zu weit gegangen sind.