Im Stream: Evil

Wer denkt, dass das Regisseur*innen- und Drehbuchautor*innen-Paar Robert und Michelle King nur gute Anwaltsserien produziert, irrt: „Evil“ ist eine der besten Mystery- und Horrorserien der letzten Jahre.

Auch wenn Kristen und David unterschiedliche Weltsichten vertreten, so arbeiten sie dennoch konstruktiv zusammen. (Bild: CBS)

Seit die Mystery-Serie „Evil“ im September 2019 anlief, sind Vergleiche mit „The X-Files“ allgegenwärtig. Aus gutem Grund: Im Zentrum beider Serien stehen Phänomene, die auf den ersten Blick nicht wissenschaftlich erklärbar sind. Menschen, mit unterschiedlichen Haltungen und Backgrounds, sollen diesen auf den Grund gehen: In „The X Files“ ist FBI-Agent Fox Mulder von der Existenz außerirdischen Lebens überzeugt, die Agentin und forensische Medizinerin Dana Scully jedoch nicht.

Auch wenn „Evil“ diese antagonistische Dynamik zwischen den Hauptfiguren übernimmt, so sind die Rätsel, die es zu lösen gilt, hier gänzlich anderer Natur. Die Frage, die in jeder Folge im Zentrum steht: Sind hier etwa göttliche beziehungsweise teuflische Mächte am Werk? Oder gibt es eine wissenschaftliche Erklärung? Das Team setzt sich aus dem angehenden Pastor David Acosta (Mike Colter), der Psychologin Kristen Bouchard (Katja Herbers) und dem Technik-Experten Ben Shakir (Aasif Mandvi) zusammen. Sie befragen Menschen, die sich für Propheten halten, glauben, einen Geist gesehen zu haben, oder den Verdacht haben, vom Teufel besessen zu sein.

Anders als man erwarten könnte, lässt sich in „Evil“ jedoch nicht jedes übernatürlich wirkende Phänomen als Folge eines Streiches, einer psychischen Krankheit oder eines neuen High-Tech-Tools einordnen. In manchen Fällen kommt David zur Konklusion, dass ein Exorzismus nötig ist. Wer bei dieser Vorstellung die Augen verdreht, ist in guter Gesellschaft, denn weder Kristen noch Ben teilen Davids Weltsicht. Für manches kann das Expert*innenteam überhaupt keine mögliche Erklärung finden.

Die Macher*innen Robert und Michelle King, die ebenfalls hinter den Serien „The Good Wife“ und „The Good Fight“ stecken, nehmen beide Seiten gleichermaßen ernst. Die metaphysische Erklärung bei jedem Fall zu entkräften, wäre immerhin auch zu schnell vorhersehbar geworden. So aber ergeben sich in jeder Folge eine Vielzahl möglicher Entwicklungen.

Die Grenzen zwischen Realität und Phantasma, Übernatürlichem und Weltlichem, Gut und Böse werden auch visuell verzerrt: In fast jeder Folge werden die Figuren von Monstern oder Geistern heimgesucht – oder fragen sich, ob sie selbst welche sind. Was davon Traum, Halluzination oder Drogentrip ist, wird nicht immer klar.

Gleichzeitig plagen die Figuren aber auch weltliche Probleme: Kristen ist die meiste Zeit allein mit ihren vier Töchtern und ihrer Mutter, während ihr Ehemann die gemeinsame Bergsteiger*innenfirma betreibt. David hadert währenddessen mit der Frage, ob er wirklich Pastor werden und ein Leben lang keusch leben will. In diesem Sinne können die furchterregenden Mächte, von denen die Figuren heimgesucht werden, auch metaphorisch interpretiert werden. Stets stellen sie ein wichtiges Puzzlestück dar, um ein Problem zu lösen oder zu einer Erkenntnis zu gelangen.

Mit „Evil“ haben die Kings eine einzigartige Serie geschaffen, die immer wieder überraschende Wendungen und spannende Charakterentwicklungen bereithält. Und auch wenn die Serie streng genommen dem Mystery- und Horrorgenre zuzuordnen ist, so gibt es auch immer wieder leichte, humorvolle oder erfrischend alberne Momente.

Auf iTunes und DVD.

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