Kinderrechte: Sorgenvoller Brief an Jean Asselborn

Die Menschenrechtskommission und der Ombudsman fir Kanner a Jugendlecher kritisieren in einem offenen Brief an Jean Asselborn den Umgang mit unbegleiteten, minderjährigen Asylsuchenden. Das Schreiben offenbart: Was lange währt, wird nicht immer gut.

Wer entscheidet über das Schicksal unbegleiteter, minderjähriger Asylsuchenden? Nicht die richtigen Instanzen, meinen die Menschenrechtskommission und der Okaju. (© Ron Lach/Pexels)

„La Commission consultative des Droits de l’Homme et l’Ombudsman fir Kanner a Jugendlecher sont depuis de longues années préoccupés par la situation des mineurs non accompagnés.“ Mit diesem Satz beginnt der offene Brief, mit dem sich die Menschenrechtskommission (CCDH) und der Ombudsman fir Kanner a Jugendlecher (Okaju) diese Woche an Jean Asselborn, Minister für Immigration und Asyl, gerichtet haben. Auslöser ist unter anderem die Präsentation des ersten nationalen Aktionsplans für Kinderrechte, der im Mai vom Ministerium für Bildung, Kinder und Jugend vorgestellt wurde. Hatte der Okaju den Aktionsplan damals trotz Schwachstellen allgemein als „wichtigen Schritt hin zu einer ressortübergreifenden koordinierten Kinderrechtspolitik“ bezeichnet, schließt die Organisation sich jetzt der Kritik der CCDH an: Die Situation der unbegleiteten, minderjährigen Asylsuchenden sei bei der Vorstellung des Aktionsplans nur lapidar angesprochen worden. Aus diesem Grund zweifeln beide Organisationen an der Wichtigkeit, die der Staat dem Thema in den kommenden Jahren einräumen wird.

Langjährige Debatte

Das Unbehagen der CCDH und des Okaju geht nicht zuletzt auf langjährige Debatten um die „Commission consultative d’évaluation d’intérêt supérieur des mineurs non accompagnés“ zurück: Sie wurde 2018 ins Leben gerufen, um das Außenministerium zu beraten, wenn betroffenen Minderjährigen der internationale Schutzstatus verwehrt und eine Rückführung angeordnet wird. Die CCDH und das Okaju erinnern in ihrem Brief daran, dass es erst 2020 zur gesetzlichen Reglung dieser Kommission kam. Sie verweisen auch auf die Einwände gegen ihre Zusammensetzung, die mehrere nationale Organisationen seit der Gründung äußern: der Vorwurf ihrer Befangenheit. Die Kommission besteht bis heute unter anderem aus Vertreter*innen des Ministeriums für Immigration und Asyl. Dasselbe Ministerium ernennt die Mitglieder des Komitees für eine Dauer von drei Jahren, mit Möglichkeit der Mandatsverlängerung. Asselborn äußerte sich 2020 in einer öffentlichen Stellungnahme zu den Vorwürfen und zeigte sich verhandlungswillig.

Nach anhaltender Kritik nationaler Organisationen und des Kinderrechtskomitees der Vereinten Nationen gab die Regierung dann im Januar 2022 die Überarbeitung des Gesetzestextes bekannt. Das Dossier ist – Jean Asselborn antwortete Ende Juni auf eine parlamentarische Anfrage von Nathalie Oberweis (Déi Lénk) zum Thema – in Arbeit. In Zukunft soll ein*e Vertreter*in der Zivilgesellschaft für mehr Neutralität sorgen. Außerdem soll die Reglung aufgehoben werden, nach der die Entscheidung der Vertretung des Ministeriums für Asyl und Immigration im Zweifelsfall doppelt zählt. Für die CCDH und das Okaju ist all das nur ein schwacher Trost, solange das Ministerium für Asyl und Immigration weiterhin in der Kommission vertreten ist und ihr gar vorsteht. Darüber hinaus kritisieren CCDH und Okaju, dass einzig die oder der Repräsentant*in der Zivilgesellschaft über einschlägige Erfahrungen in Sachen Kinderrechte oder der Arbeit mit Minderjährigen verfügen muss. Eine entsprechende Aus- oder Weiterbildung müsse für alle Mitglieder des Komitees verpflichtend sein, so die Organisationen. „Finalement, ils [CCDH und Okaju] regrettent de constater que même 28 ans après la ratification de la Convention des droits de l’enfant des Nations Unies, une prise en compte de ladite Convention et de l’intérêt supérieur de l’enfant dans la composition de cette Commission, tout comme par les juridictions nationales, n’est pas garantie“, lautet das ernüchternde Fazit der CCDH und des Okaju.


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