Im Frühjahr 2025 will die Regierung ihre nationale KI-Strategie präsentieren. Schon jetzt hat sie ihr Herzstück vorgestellt: Supercomputer und eine „AI Factory“.

KI-gesteuerte Geräte
wird es in Zukunft
immer mehr geben.
Das Ausmaß an Veränderung bleibt bislang unklar. (Foto: Yaroslav Saprykin/Unsplash)
Als „Schwarzer Schwan“ werden unvorhergesehene Ereignisse bezeichnet, die für erheblich Wirbel und Veränderung im Leben vieler Menschen sorgen. Beispiele dafür sind etwa die Corona-Pandemie oder der Fall der Berliner Mauer. Der erhebliche Einfluss, den künstliche Intelligenz bereits jetzt auf unser Leben hat, wird sich in den kommenden Jahren wahrscheinlich noch potenzieren. Nicht vorherzusehen sind jedoch die Veränderungen, die uns hier noch erwarten werden.
Mit „MeluXina-AI“ und der begleitenden „AI Factory“ steigt Luxemburg ernsthaft in die KI-Entwicklung ein und wird Teil des EU Projekts „European High Performance Computing Joint Undertaking“ (EuroHPC JU). Die gemeinsame Initiative europäischer Länder und privater Partner will ein weltweit führendes Supercomputing/KI-Ökosystem in Europa schaffen. Neben Luxemburg planen auch Spanien, Italien, Griechenland, Deutschland, Schweden und Finnland die Vernetzung von Quantencomputern und KI zu einer AI Factory. Als Investition wurden 1,5 Milliarden festgesetzt, die aus nationalen und EU-Mitteln finanziert werden sollen. Eine Summe, die im Vergleich zu den Investitionen von Firmen wie OpenAI, Meta, Apple oder Microsoft recht gering ist. Letztere investierten allein in Deutschland mit 3,2 Milliarden mehr als doppelt so viel.
Für Luxemburg belaufen sich die Gesamtkosten auf 112 Millionen für den Supercomputer „MeluXina-AI“ und 14 Millionen für die „AI Factory“. 60 Millionen davon kommen vom Luxemburger Staat, der sich in Punkto KI nicht abgehängt sehen will. Logisch, da KI-Lösungen besonders für den Finanzsektor, der Melkkuh der Nation, interessant sind. Automatisierte KI-Prozesse ersetzen Arbeitsplätze, sagen potenzielle Kreditausfälle besser voraus und reduzieren Betrugsfälle. Laut einer rezenten Studie einer der weltweit größten Finanzdienstleistungsgruppen, Citigroup, laufen über 50 Prozent der Arbeitsplätze im Finanzsektor Gefahr, durch KI ersetzt zu werden. Der Bankenbereich hat eines der höchsten Potenziale von KI umgekrempelt zu werden. Da wollen Luxemburgs Banken sicher nicht hintanstehen.
Der Bankenbereich hat eines der höchsten Potenziale von KI umgekrempelt zu werden. Da wollen Luxemburgs Banken sicher nicht hintanstehen.
Was liegt also näher, als in der Kombination von Supercomputern und KI eine innovative Möglichkeit zu sehen, die Melkkuh Luxemburgs zu füttern? Wenn da nur nicht dieser Schwarze Schwan wäre, der unmanierlich mitfrisst. Wer weiß zum jetzigen Zeitpunkt schon genau, was passiert, wenn KI-Modelle auf Supercomputern trainiert und auf die Gesellschaft losgelassen werden? Selbst für Expert*innen stellen die genauen Funktionsweisen von KI bislang in einer „Black Box“ dar.
Mit MeluXina AI und der AI Factory will Luxemburg sich an die Spitze eines Wettbewerb-Eisbergs setzen, deren Tiefen noch unergründbar sind. Dabei sollen, laut Budgetberichterstatterin Corinne Cahen (DP), natürlich auch die ethischen Aspekte, wie Datenschutz, Qualität und Fairness der Datenverarbeitung und klare Kennzeichnung, was von Menschenhand und was von KI-Modellen produziert wurde, nicht außer Acht gelassen werden. Selbst die Bedeutung der „traditionellen“ Medien soll durch die zu erwartende Welle an Falschinformationen durch KI wieder zunehmen.
KI kann, laut Cahen, dabei helfen Herausforderungen wie Klima- und Demografiewandel zu bewältigen und wichtige wirtschaftliche Nischen für Luxemburg eröffnen. Diese Nischen wird es brauchen, denn wenn wir ehrlich sind, können wir mit den Investments der Silicon Valley-Firmen nicht mithalten. Der Wettbewerbsfähigkeit halber dürfe deshalb auch die Regulierung der KI nicht zu weit getrieben werden. Und da ist es wieder, das Zauberwort. Wichtiger wäre jedoch, bei allem Wunsch nach Wettbewerbsfähigkeit, die nationale KI-Strategie 2025 nicht nur als Plan für mehr Fortschritt zu gestalten, sondern damit auch eine Blaupause dafür zu liefern, wie KI sicher, ethisch und inklusiv eingesetzt werden kann. Worst und Best Case-Szenarien sollten gleichermaßen in den Blick genommen werden, um den Schwarzen Schwan so gut es geht in geregelte Bahnen zu lenken, anstatt uns von ihm überraschen zu lassen.