Lebensmittelverschwendung: Die Wegwerfgesellschaft

Mit Umfragen und Kampagnen will die Regierung gegen Lebensmittelverschwendung angehen. Einmal mehr wird ein systemisches Problem auf Konsument*innen abgewälzt.

Seine Einkäufe und Vorräte so zu planen, dass keine Lebensmittel verschwendet werden, fordert Zeit und Ressourcen, die viele Menschen in Luxemburg nicht haben. (Foto: Filmbetrachter/Pixabay)

Weggeworfene Lebensmittel, die eigentlich noch genießbar sind, sind schlecht: Sie sorgen für Treibhausemissionen, verstopfen das Abfallsystem und tragen nicht gerade dazu bei, den globalen Hunger zu bekämpfen. Luxemburg ist jedoch noch weit von einer Lösung entfernt, wie eine kürzlich veröffentlichte Umfrage einmal mehr eindrucksvoll bewies.

Die Resultate der Umfrage zeigen, dass es ein Problem mit Lebensmittelverschwendung gibt. Das politische Umfeld und die mangelnde Kooperation zwischen Ministerien verstärkt dieses, statt es zu bekämpfen. Das Landwirtschaftsministerium beauftragte das Umfrageinstitut Ilres, Konsument*innen zu befragen, wie viele Lebensmittel sie wegwerfen und welche Alternativen dazu sie nutzen oder sich vorstellen könnten.

Für Abfallwirtschaft sind in Luxemburg insgesamt drei Ministerien zuständig: Im Allgemeinen das Umweltministerium, speziell für das Thema Lebensmittelverschwendung das Landwirtschaftsministerium und für den Aspekt Kreislaufwirtschaft das Energieministerium. Ein Wirrwarr, das sich auch in der Erhebung von Daten niederschlägt: Während die Umweltverwaltung seit Februar an einer Analyse des Hausmülls arbeitet, gibt das Landwirtschaftsministerium eine Meinungsumfrage in Auftrag. Da beide Erhebungen mit sehr unterschiedlichen Methoden arbeiten, werden sie notgedrungen unterschiedliche Ergebnisse liefern.

91 Prozent der Luxemburger Haushalte werfen regelmäßig Lebensmittel weg. In den Hausmüll oder in die Biotonne? Diesen – dann doch nicht unwichtigen – Unterschied hat die Umfrage nicht erfasst. Dafür hat sie erfasst, dass die meisten der Befragten denken, dass die Bevölkerung besser zum Thema Lebensmittelverschwendung sensibilisiert werden müsste. Auf die Frage, wer agieren müsste, um dieser Verschwendung Einhalt zu gebieten, antworten 74 Prozent „die Konsument*innen“. In der Ilres-Präsentation wird die Zahl auf einem goldenen Siegertreppchen präsentiert, obwohl „die Supermärkte“ mit 73 Prozent von ähnlich vielen Befragten als wichtige Akteur*innen identifiziert wurden.

Die Ergebnisse bestätigen das Landwirtschaftsministerium darin, weiter das zu tun, was es ohnehin tut: Kampagnen, Wettbewerbe für gute Ideen ausschreiben und Rezepte für Apfelschalenkrapfen vorschlagen.

Diese Ergebnisse bestätigen das Landwirtschaftsministerium darin, weiter das zu tun, was es ohnehin tut: Kampagnen, Wettbewerbe für gute Ideen ausschreiben und Rezepte für Apfelschalenkrapfen vorschlagen. Es stimmt, dass die Privathaushalte in Luxemburg in absoluten Zahlen am meisten Lebensmittel wegschmeißen. Der Fakt, dass die Abfälle in Gastronomie und Handel zu einem weitaus größeren Teil – zwischen 80 und 90 Prozent – vermeidbar wären als bei Privathaushalten, ist jedoch nicht zu ignorieren.

Foto: CC-BY-SA 3.0 Wikimedia/Challiyan

Diese Zahlen stammen übrigens von der letzten Abfallanalyse, die 2019 durchgeführt wurde. Hätten sich Umwelt- und Landwirtschaftsministerium nicht zusammentun können, um die harten Zahlen der Abfallanalyse mit einer Meinungsumfrage zu erklären, statt tendenziell widerspüchliche Daten zu produzieren? Selbst wenn wir nicht auf ein Wahljahr zusteuerten, wäre das vermutlich zu viel verlangt für eine neoliberale Regierung, die nur allzu gerne auf die „Selbstverantwortung“ der Konsument*innen pocht. In dem großen „Null Offall“-Gesetzespaket gibt es übrigens nur einen einzigen Punkt zu Lebensmittelverschwendung: Supermärkte mit über 400 m2 Verkaufsfläche müssen einen Plan dazu aufstellen und veröffentlichen. Viele Ketten werden vermutlich da reinschreiben, dass sie manche Produkte auch unverpackt anbieten und die Konsument*innen – wie immer selbstverantwortlich – selbst auswählen können, ob sie mitgebrachte Gefäße auffüllen oder doch lieber auf das plastikverpackte Sonderangebot zurückgreifen.

Die Läden der „Ouni“-Kooperative sollten eine Alternative zur Plastikschwemme in den Supermärkten darstellen und gleichzeitig die Möglichkeit bieten, bedarfsgerecht einzukaufen. Nun muss „Ouni“ seine Türen für immer schließen. Wer so einkaufen will, dass möglichst wenig Lebensmittelverschwendung entsteht, muss vorausschauend planen. Das kostet Zeit und nicht selten auch Geld – Ressourcen, die gerade in Luxemburg angesichts horrender Mietpreise und steigender Energiekosten immer knapper werden. Um das zu ändern, bräuchte es echte sozial-ökologische Politik, die die Menschen stärkt und die Unternehmen in die Verantwortung zwingt.


Cet article vous a plu ?
Nous offrons gratuitement nos articles avec leur regard résolument écologique, féministe et progressiste sur le monde. Sans pub ni offre premium ou paywall. Nous avons en effet la conviction que l’accès à l’information doit rester libre. Afin de pouvoir garantir qu’à l’avenir nos articles seront accessibles à quiconque s’y intéresse, nous avons besoin de votre soutien – à travers un abonnement ou un don : woxx.lu/support.

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Wir stellen unsere Artikel mit unserem einzigartigen, ökologischen, feministischen, gesellschaftskritischen und linkem Blick auf die Welt allen kostenlos zur Verfügung – ohne Werbung, ohne „Plus“-, „Premium“-Angebot oder eine Paywall. Denn wir sind der Meinung, dass der Zugang zu Informationen frei sein sollte. Um das auch in Zukunft gewährleisten zu können, benötigen wir Ihre Unterstützung; mit einem Abonnement oder einer Spende: woxx.lu/support.
Tagged , .Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

Kommentare sind geschlossen.