Petition Nr. 3198: Queers lassen sich nicht totschweigen

Eine Petition fordert, sämtliche „LGBT-Themen“ aus den Schulen zu verbannen. Obwohl diese Forderung absurd ist, erhält sie über 6.700 Unterschriften. Das zeigt, wie verbreitet queerfeindliches Gedankengut in Luxemburg ist.

Am Donnerstag gab es gegen Mittag eine Solidaritätsaktion mit queeren Menschen, organisiert vom „Cid Fraen an Gender“. (Foto: Giulia Thinnes/woxx)

„Herr Lehrer, warum hat Alex zwei Mütter?“, fragt eine Schülerin. „Darüber dürfen wir hier nicht reden“, antwortet der Grundschullehrer. „Was heißt das, ‚Rosa Winkel‘?“, fragt ein Schüler auf 5e seine Geschichtslehrerin. Ihre Antwort: „Das darf ich euch erst sagen, wenn ihr alle 18 seid.“ Dieses Szenario erscheint Ihnen absurd? Über 6.700 Menschen in Luxemburg setzen sich dafür ein, dass es Realität wird. Sie wollen, dass Minderjährige nichts mehr über LGBT-Themen erfahren dürfen. Das Schicksal vom Turing-Test-Erfinder Alan Turing im Informatikunterricht erwähnen? Verboten! Eine Einheit im Musikunterricht über Synthesizer-Pionierin Wendy Carlos? Nur, wenn keine minderjährigen Schüler*innen in der Klasse sind – oder die Eltern alle zugestimmt haben.

Wer verbreitet eine solche Petition, und mit welchen Argumenten? Während der Verfasser der Petition vorgibt, nicht „homo- oder transphob“ sein zu wollen, so strotzt seine Argumentation nur so vor böswilligen Behauptungen. Der Kontakt mit LGBTIQA-Themen störe die „psychopädagogische Entwicklung“ von Kindern. Der Text wird außerdem niemals konkret, was sicher zum Erfolg der Petition beitrug. Verbreitet wurde er beispielsweise von Akteur*innen aus der Impfgegner*innenszene, mit dem Zusatz „Hände weg von unseren Kindern!“. Auch ADR-Abgeordneter Tom Weidig schrieb nebulös von „den Gefahren“ – auf eine woxx-Anfrage, welche Inhalte im Schulprogramm er gefährlich fände, antwortete er „Tata Tom, Cid Femmes Workshops, Workshops für Lehrkräfte“.

„Wir Queers sind hier, und wir werden nicht mehr verschwinden!“

Suggeriert werden zwei Dinge: LGBTIQA-Menschen sind allein durch ihre Existenz „ideologisch“, sexuell, pervers und damit eine Gefahr für Kinder. Küsst im Märchen der Prinz die Prinzessin ist es einfach nur eine Geschichte, küssen sich zwei Prinzen, werden Kleinkinder traumatisiert. Die andere Botschaft, die durch den Petitionstext vermittelt wird, ist die vermeintliche Gefahr der „sozialen Ansteckung“, sprich: Das eigene Kind könnte irgendwie queer werden, wenn es damit konfrontiert wird. Das offenbart das Weltbild der Queerfeind*innen: Kinder müssen mit der patriarchalen cis-hetero Geschlechterordnung indoktriniert werden, sonst lässt sie sich nicht aufrechterhalten.

(Foto: Giulia Thinnes/woxx)

Die meisten Queers wurden trotz heterosexueller Eltern und lückenhaftem Aufklärungsunterricht ganz von sich aus queer. So sehr es auch faschistische Fantasien befriedigen würde: Kinder sind nicht das Eigentum ihrer Eltern und es ist gut, dass gesellschaftliche Werte wie Menschenrechte – dazu gehören auch die Rechte queerer Menschen – in der Schule vermittelt werden. Eine altersgerechte Aufklärung über emotionale und sexuelle Gesundheit gehört definitiv in den Unterricht. Dadurch lernen Kinder früh, Grenzen zu erkennen und zu benennen. Das hilft auch, sexualisierter Gewalt und Missbrauch vorzubeugen. Wer erfährt, dass queere Menschen existieren, wird davon nicht traumatisiert, sondern wächst schlicht in der Realität auf.

Das jedoch wollen die Unterstüt-zer*innen der Petition nicht. Sie wollen, dass queere Themen und Menschen in der Schule totgeschwiegen werden. Sie wünschen sich, dass LGBTIQA-Personen im Verborgenen leben und Angst haben müssen, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Mittlerweile gibt es jedoch eine große Welle von Mobilisierung und Solidaritätsbekundungen von Politiker*innen, NGOs und Privatpersonen. Das zeigt, dass sich Queers in Luxemburg nicht zum Schweigen bringen lassen werden. Die Botschaft ist klar: „Wir sind hier, und wir werden nicht verschwinden!“


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