Immer noch ein bisschen ein Geheimtipp: Die experimentellen Pop-Musiker von Son Lux schauen mal wieder in Luxemburg vorbei.
In Luxemburg ist man prinzipiell eher verwöhnt. Dies in vielerlei Hinsicht, aber auch wenn es darum geht, gute Bands live zu sehen, denn fast alle Musiker machen auf ihren Europatouren Halt im Großherzogtum – von den Popstars in der großen Halle der Rockhal bis zu den kleinen Underground Acts im Gudde Wëllen. Bei diesem reichhaltigen Angebot muss sich der Luxemburger Kulturkonsument gut überlegen, für welche der vielen Bands er seinen wohlverdienten Feierabend opfert, um nach der Arbeit doch nochmal das Haus zu verlassen und sich ebenjene Auserkorenen live anzuhören. Ganz selten nur kommt eine Band nach Luxemburg, die sich jenseits der Konkurrenz bewegt.
Am kommenden Dienstag wird eine dieser wenigen Bands auf der kleinen Clubbühne der Rockhal auftreten. Son Lux begann als Solo-Projekt des amerikanischen Multiinstrumentalisten Ryan Lott. Sein erstes Album „At War with Walls and Mazes“ veröffentlichte er vor mehr als zehn Jahren, danach folgten vier weitere LPs und mehrere EPs. Auf der Suche nach den richtigen Live-Musikern traf Ryan Lott auf Rafiq Bhatia und Ian Chang. Die Chemie zwischen den drei Musikern war so gut, dass das Solo-Projekt schnell auch jenseits der Bühne zu einem offiziellen Trio wurde. Dieses blinde musikalische Verständnis ist ein maßgeblicher Grund für die außergewöhnliche Live-Performance der Band.
Bereits 2014, als Teil des Line-Ups des Food for Your Senses-Festivals, waren sie ein Geheimtipp und jetzt, vier Jahre später, muss man feststellen, dass sie es wohl immer noch sind. Dies obwohl Son Lux seit den ersten Veröffentlichungen von Kritikern und Musikbloggern mit Lob überschüttet wurde. Besonders das dritte Album „Lanterns“ und die beiden Singles „Easy“ und „Lost It to Trying“ wurden hervorgehoben und die Band war in aller Munde. Doch vielleicht entspricht Son Lux einfach nicht dem Mainstream Geschmack, um den ganz großen kommerziellen Erfolg zu erreichen. Vielleicht ist die Band dazu verdammt, immer nur der Liebling der Musikliebhaber zu bleiben, ohne jemals die ganz großen Hallen zu füllen.
Die Musik von Son Lux ist jedoch nicht unzugänglich und klingt auch nicht zu kompliziert. Das Faszinierende an ihr ist, wie sie komplexe Rhythmen und ungewöhnliche Harmonien so aufbereitet, dass sie uns gleich beim ersten Hören schmecken. Die Songs klingen nach Popmusik, interpretiert von drei Musikern, die sich auf der Jazzschule getroffen, aber eigentlich ihre ganze Jugend über in einer Post-Rock Band miteinander musiziert haben.
In Wahrheit haben sich die Musiker online getroffen – und online gemeinsam komponiert. Auch heute noch arbeiten die Bandmitglieder viel auf Distanz, jeder für sich alleine in seinem kleinen Studio oder unterwegs. Sie schicken sich online ihre Ideen zu, tauschen sich aus und treffen sich erst später, um die Stücke fertig zu komponieren. Ryan Lott beschrieb sich selbst in einem Interview als „Geek“, als introvertierten Musikspezialisten also, der gerne alleine die ersten Noten niederschreibt, im Stillen, wo es sonst niemand hört.
All dies ist auch auf dem 2018 veröffentlichten Album „Brighter Wounds“ zu hören: Die Intimität der hauchenden Stimme von Ryan Lott in Verbindung mit instrumentaler Virtuosität, die niemals zu viel wird. Es gibt keine Stelle des aktuellen Albums, die einen überfordern würde, und trotzdem ist es voller Überraschungen. Der Song „Slowly“ ist ein kleines Meisterwerk geworden und der Höhepunkt des rundum großartigen Albums, bei dem man vergeblich nach Schwachstellen sucht. Wer sich dennoch auf diese Suche begeben will, der kann das unter Umständen am kommendenDienstag in der Rockhal tun – höchstwahrscheinlich jedoch vergeblich.