„Quality of work“-Index: Im Sinkflug

Das Wohlbefinden bei der Arbeit hat 2020 abgenommen. Corona hat einen Trend verstärkt der schon vorher gemessen wurde.

Dass die Pandemie nicht ohne Auswirkungen auf den „Quality of work“-Index bleiben konnte, den die Chambre des salarié-e-s seit 2014 jährlich in Zusammenarbeit mit der Universität Luxemburg und dem Forschungsinstitut Infas erstellt, ist an sich keine Überraschung.

Fast sämtliche Indikatoren der repräsentativen Umfrage, die der Studie zugrunde liegt, deuten auf eine Verschlechterung hin. Der Gesamtindex erreicht mit einem Wert von 53,5 von 100 möglichen Punkten den niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebungen. Einzige Ausnahme: Erfahrungen mit Mobbing bleiben stabil.

Bei den negativen Indikatoren sind es der Stress, das Gefühl, seine Gesundheit zu gefährden, und die Perspektive, seinen Job nicht wie gewünscht wechseln zu können, welche die leicht positiven Trends der vorletzten Erhebung umkehren oder die längerfristig negativen Entwicklungen noch einmal beschleunigt haben.

Noch eindeutiger ist der Trend bei den Indikatoren, die einen positiven Einfluss auf die Arbeitsqualität darstellen: Kooperation, Beteiligung und Feedback am Arbeitsplatz brechen ein.

Natürlich handelt es sich hier um die subjektive Einschätzung der 2.364 Befragten, die zufällig, aber nach sozio-demografischen Kriterien gewichtet, ausgewählt wurden. Es sind allerdings weniger die absoluten Werte, die hierbei wichtig sind, als die allgemeinen Trends, die sich aus der Serie herauslesen lassen.

Interessant ist auch zu wissen, dass die Erhebung zwischen Juni und September stattfand – also außerhalb des starken Lockdowns in der ersten Jahreshälfte, aber auch vor den erneuten Verschärfungen der zweiten Welle. Manche Tendenzen wären sonst wohl noch ausgeprägter gewesen.

Auch nicht übersehen werden darf, dass die Pandemie Luxemburg in Sachen Arbeitsqualitätsindex sozusagen auf dem falschen Fuß erwischt hat: Das subjektive Gefühl der Arbeitenden, in ihrer Arbeit ernst genommen zu werden und dafür entsprechendes Feedback zu ernten, tendierte auch schon in den Jahren davor nach unten. Gerade die Partizipation an Entscheidungsprozessen lag beständig unter dem Wert von 50 und sank schon 2019 auf 41,2, um diesmal auf 38,7 abzusacken. Nicht vergessen werden darf, dass es sich hier um einen Durchschnittswert handelt der verschiedenste Sektoren und unterschiedlichste Arbeitsformen abdeckt. In einzelnen Fällen lässt sich die Situation demnach durchaus als katastrophal bezeichnen.

Wenn dann auch noch die Perspektive durch Weiterbildungsangebote – ein Wert, der über die sieben Jahre der Erhebung um fast 10 Punkte auf jetzt 45,5 zurückging – seine berufliche Situation zu verbessern, ebenfalls dahinschwindet, sind Erschöpfungsmerkmale so gut wie vorprogrammiert.

Es stellen sich Anforderungen, denen die Arbeitswelt auch in pandemiefreien Zeiten nicht gewachsen ist.

Spätestens hier müssten auch die Alarmglocken auf der Arbeitgeberseite läuten, denn die Angst oder das Gefühl, einem Burnout entgegenzusteuern, hat sich von 2014 auf jetzt von 29,4 auf den Wert von 37,1 gesteigert, während das allgemeine Wohlbefinden von 2016 auf 2020 von 63,5 auf 58,3 absank. Und auch die Konflikte zwischen beruflichem und privatem Leben – im Rahmen der sogenannten Work-Life-Balance – haben seit Anfang der Messreihe stetig von 28,8 auf 39,0 zugenommen. Wie gesagt, das sind allesamt subjektive Empfindungen, deren Gesamttrend dennoch in eine leider eindeutige Richtung zeigt.

Eine erste Schlussfolgerung ist natürlich, dass die im Kontext der Pandemie getroffenen Maßnahmen im psychosozialen Bereich (spezifische Hotline, Ausbau der diesbezüglichen frei zugänglichen Beratung) unbedingt über das Ende der Pandemie hinaus aufrechterhalten werden müssen.

Da sich aber die gesamte Arbeitswelt durch die Pandemie nachhaltig wandeln wird – wobei der verstärkte Rückgriff auf Homeoffice nur eine, wenn auch sehr sichtbare, Änderung darstellt –, müssen vorbeugende Maßnahmen schon jetzt ergriffen werden. Vereinsamung auf der einen und erhöhte gesundheitliche Risiken bei den nicht „kontaktlosen“ Berufen stellen Anforderungen an die Arbeitswelt, denen sie auch in pandemiefreien Zeiten nicht gewachsen ist.


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