Déi Gréng und CSV wollen Klimaschutz in die Verfassung einschreiben. Viel mehr als Augenwischerei ist das nicht.
Die Idee, den Kampf gegen die Klimakrise – oder aber Klimaneutralität – als Staatsziel in die Verfassung einzuschreiben, klingt erst einmal nobel. In Wirklichkeit steckt dahinter aber nicht viel mehr als trügerische Symbolpolitik. Die beiden Parteien haben laut Informationen der woxx nämlich vor, die entsprechende Bestimmung als Staatsziel in den überarbeiteten Verfassungstext einzutragen. Wollte man dafür sorgen, dass Bürger*innen oder Naturschutzorganisationen Klimaschutzmaßnahmen einklagen könnten, müsste der entsprechende Artikel unter den Grundrechten gelistet sein. Das ist jedoch nicht geplant.
Je nachdem, wie schnell die Verfassungsrevision vonstatten geht, könnte Luxemburg zumindest in Europa das erste Land werden, das Klimaschutz in seiner Verfassung stehen hat. Das positive internationale Presseecho wäre wie auch schon beim kostenlosen öffentlichen Nahverkehr sehr groß. Ist es zynisch anzunehmen, dass dieser Nationbranding-Effekt durchaus in die Kalkulation eingeflossen ist? Immerhin gibt es auch in der aktuellen Verfassung schon einen Artikel, der durchaus so gelesen werden kann, dass der Staat zu Klimaschutz verpflichtet ist.
Der Artikel 11bis nämlich, der in einer Reform 1999 eingefügt wurde. Darin heißt es „Der Staat garantiert den Schutz der menschlichen und natürlichen Umwelt, arbeitet an der Herstellung eines nachhaltigen Gleichgewichts zwischen dem Schutz der Natur, insbesondere ihrer Regenerationsfähigkeit, und der Bedürfnisbefriedigung jetziger und künftiger Generationen.“ Der Passus ist allerdings auch kein Grundrecht, kann also nicht eingeklagt werden.
Wollte man den Staat gerichtlich dazu bringen, den halbherzigen Kampf gegen die Klimakrise mit mehr Mut und Verve zu führen, stünde bereits heute der Umweg über die Europäische Menschenrechtscharta offen. Natürlich würde ein gesonderter Artikel in der Verfassung die Chancen auf Erfolg einer Klage erhöhen. Aber darum, diese Möglichkeit zu eröffnen, kann es in Wahrheit weder CSV noch Déi Gréng gehen. Die CSV ist bislang nicht damit aufgefallen, besonders viel Wert auf ambitionierte Klimapolitik zu legen. Sollte sich das geändert haben, wäre es vielleicht an der Zeit, erst einmal eine interne Schulung zum Thema für gewisse fleißige Twitternutzer*innen zu organisieren, statt gleich eine Verfassungsänderung vorzuschlagen.
Ist der Vorschlag, den Klimaschutz als Staatsziel festzuschreiben, als Hilfeschrei von Déi Gréng zu verstehen?
Und Déi Gréng? Sollte der Vorschlag, den Klimaschutz als Staatsziel festzuschreiben, etwa als non-verbaler Hilfeschrei aus der Dreierkoalition verstanden werden? Nach dem Motto: Wenn wir verklagt werden, können weder DP noch LSAP sich gegen mehr Klimaschutz wehren? Von einer Regierungspartei, die in so gut wie allen wichtigen Ministerien sitzt, um Klimapolitik umsetzen zu können, wäre das doch eine reichlich absurde Botschaft.
Ohnehin existiert der Vorschlag bisher nur als Idee. Einen konkreten Text, den man diskutieren könnte, gibt es noch nicht. An sich ist die Idee natürlich sympathisch, aber dann sollte man darüber diskutieren, welche anderen hehren Ziele sich der Staat noch setzen könnte. Diese sollten dann aber auch einklagbar sein, denn sonst bleibt der faule Beigeschmack, dass der wichtigste Gesetzestext des Landes für kurzfristige politische PR benutzt wird. In dem alternativen Verfassungsvorschlag, den Déi Lénk 2015 präsentierten, stand ein einklagbares Grundrecht auf Klimaschutz. Leider fand dieser Vorschlag nie viel Beachtung. So offenbart sich auch bei dieser Episode einmal mehr die falsche Herangehensweise an die Verfassungsreform: Sie hätte von Anfang an mit echter Bürger*innenbeteiligung stattfinden müssen. Dann gäbe es mittlerweile vielleicht schon eine luxemburgische Verfassung, die den Klimaschutz als Ziel vorsieht.