Es fehlt nicht an Ideen, die Wohnungskrise zu meistern. Doch noch ist die Rendite das Maß aller Dinge.
Als vergangene Woche die „Adhoc“-Wohnbaukooperative per Kommuniqué mitteilte, ihr Projekt auf Kirchberg werde nicht realisiert, war das Erstaunen in der interessierten Öffentlichkeit nicht minder groß als die Enttäuschung bei den etwa zwei Dutzend betroffenen Familien. Sie hatten sich in den vergangenen Jahren mit mehr als tausend unbezahlten Arbeitsstunden in dieses von allen Seiten hochgelobte Pilotprojekt eingebracht. Inwieweit die 250.000 Euro, die bisher in das Projekt investiert wurden, nicht auch in den Wind geschrieben werden müssen, wird die Zukunft zeigen. Denn eins zu eins lassen sich die Planungen andernorts sicherlich nicht umsetzen.
Wie so oft ist es der schnöde Mammon, der eine kluge Idee zerplatzen ließ.
Einen Zugewinn dürften die Adhoc-Mitglieder allerdings für sich verbuchen: Ein enormer Schatz an Erfahrungen hat sich angesammelt, nicht nur wie eine solche für Luxemburger Verhältnisse einzigartige Initiative zustande gekommen ist, sondern auch wie hierzulande sinnvolle Vorhaben mit Spitzfindigkeiten zum Scheitern gebracht werden – und wie sich solches in Zukunft hoffentlich vermeiden lässt. Derart vorbereitet, wird Adhoc sicherlich andernorts und unter anderen Bedingungen ihr Projekt realisieren können – doch für die betroffenen Familien ist das ein schwacher Trost, einige werden sich bis dahin auf andere Art behelfen müssen.
Wie so oft ist es der schnöde Mammon, der eine kluge Idee zerplatzen ließ wie eine Seifenblase, nur weil der Fonds Kirchberg auf einen möglichst schnellen Return on Investment setzt, den eine Kooperative ohne Gewinnzweck nicht liefern kann. Das vorgesehene Grundstück wurde in einer Art und Weise ausgeschrieben, bei der Adhoc nicht mithalten kann, weil die Vergabeprinzipien der Idee des gemeinschaftlichen Wohnens entgegenstehen.
Ohne an dieser Stelle auf Einzelheiten der Ausschreibung eingehen zu können, stellt sich die Frage, wieso ein öffentlicher Fonds ein von der Politik als modellhaft deklariertes Projekt derart ans Messer liefert.
Absurderweise steht einmal mehr die Rendite und nicht der soziale oder gar auch der langfristige volkswirtschaftliche Nutzen im Vordergrund. Die Kooperative hätte bei einer auf längere Zeit – zum Beispiel auf 99 Jahre – gestreckte Erbpacht durchaus die Kassen des Fonds, wenn auch langsamer als geplant, füllen können.
Dabei sind fehlendes Eigenkapital bei jungen Familien und die schiere Unmöglichkeit, aktuelle Wohnungspreise innerhalb der von den Banken vorgegebenen Kreditrahmen und -zeiträumen zu finanzieren, der eigentliche Fluch, den das System nicht zu lösen vermag.
Das verhindert nicht, dass derart teure Wohnungen nicht auch ihre Abnehmer*innen finden. Allerdings fragt sich, wie viele davon tatsächlich von ihren Eigentümer*innen als Wohnsitz genutzt werden. Nicht wenige gelangen als lukratives Investment für ohnehin Bessergestellte auf den hochpreisigen Mietwohnungsmarkt – oder auch nicht, weil allein der jährliche Wertzuwachs angestrebt wird und der Krach mit säumigen Mieter*innen den Mietzins angeblich nicht wert ist.
Bisher begnügt sich unsere Gesetzgebung mit einem gewissen Prozentsatz an Wohnungen, der in den einzelnen Projekten unter sozialen Kriterien vergeben werden muss. Vielleicht sollten wir in Zukunft auch eine am Bedarf orientierte Anzahl der Ausschreibungen als Ganzes den Kriterien gemeinschaftlichen Wohnens unterstellen, damit es möglichst schnell, möglichst viele Adhocs geben kann.
Damit ließe sich erschwinglicher Wohnraum und ein Ausstieg aus dem auf Privatbesitz ausgerichteten System vollziehen. Nur so lassen sich das verfassungsrechtlich niedergelegte Grundrecht auf Eigenbesitz und das in vielen Sonntagsreden beschworene Grundrecht auf menschenwürdiges Wohnen auf Dauer in Einklang bringen.