„Studierende werden durchs Studium gepresst“

Pünktlich zur „Studentefoire“ 2017 unterhält sich die woxx mit Unel-Sprecherin Kelly Kosel über Politikfrust unter Jugendlichen, schlechtbezahlte Praktika und die katastrophale Lage auf dem Wohnungsmarkt.

Kelly Kosel, 24, ist Sprecherin der Unel und hat in Wien transkulturelle Kommunikation studiert. Ab nächstem Jahr wird sie mit Gender Studies und Critical Studies weitermachen. Derzeit macht sie ein – bezahltes – Praktikum in Paris. (Foto: Privat)

woxx: Die Unel wird wie jedes Jahr mit einem Stand auf der „Foire de l’étudiant“ vertreten sein. Was macht ihr denn im Moment so und was sind eure thematischen Schwerpunkte?

Kelly Kosel: Wir haben fünf thematische Arbeitsgruppen, die jedes Jahr neu definiert werden – je nach den Bedürfnissen innerhalb der Gruppe und der politischen Situation. Wir haben aber auch zwei permanente Arbeitsgruppen: eine zu Hochschul- und eine zu Bildungspolitik allgemein. Seit drei Jahren arbeiten wir auch zum Thema Gender und versuchen uns in diese politische Debatte einzubringen. Daneben betreuen wir gemeinsam mit anderen Jugendorganisationen (Richtung22, OGBL-Jeunes und Jonk Lénk; Anm. d. Red.) die Sendung „Ënnert dem Pavé“ auf Radio Ara. An unserem Stand werden wir vor allem versuchen, über die Unel selber zu informieren. Dazu muss gesagt werden, dass es verhältnismäßig wenige junge, politisierte Menschen in Luxemburg gibt und es dementsprechend eine Herausforderung ist, die nächste Unel-Generation aufzubauen.

Ein Studierendenstreik wie der von 2014 politisiert doch in der Regel eine ganze Menge junger Leute. Konntet ihr daraus kein Kapital schlagen?

Natürlich gab es nach dem Streik mehr Menschen, die sich engagiert haben. Aber in Luxemburg gibt es immer das Problem, dass engagierte Menschen in vielen Bereichen tätig und die Ressourcen begrenzt sind. Man spürt jedoch auch eine Politikverdrossenheit unter Jugendlichen, die auch darauf zurückzuführen ist, dass die Politik nicht mit den jungen Menschen in einen Dialog tritt. Es gibt auch Ausnahmen, aber allgemein ist das politische Klima eher so, dass Jugendliche oder Studierende nicht wirklich nach ihrer Meinung gefragt werden. Vor allem dann, wenn diese Meinung nicht der politischen Linie der Regierung oder der Ministerien entspricht. Tendenziell werden wir oft erst eingebunden, wenn es ohnehin schon zu spät ist.

Was sind Probleme, mit denen Studierende im Jahr 2017 konfrontiert sind?

Der Bologna-Prozess macht vielen schwer zu schaffen: Studierende werden durchs Studium gepresst. Es gibt eine Regelstudienzeit, und auch die luxemburgischen Studienbeihilfen sind darauf ausgelegt, das Studium möglichst schnell zu absolvieren – die Regelstudienzeit darf um maximal ein Jahr überschritten werden, um in den Genuss der Beihilfen zu kommen. Andererseits wird man nach dem Studium in der Arbeitswelt damit konfrontiert, dass immer wieder Arbeitserfahrung verlangt wird – die man wiederum meist nur durch un- oder schlechtbezahlte Praktika erlangen kann. Studierende sollen also gleichzeitig möglichst schnell und effizient studieren und noch vor dem Ende des Studiums Berufserfahrung sammeln. Daneben gibt es natürlich auch noch Luxemburg-spezifische Probleme …

…die da wären?

Das größte Problem in Luxemburg ist so oder so der Wohnungsmarkt. Dabei ist es egal, ob man hier studiert hat oder aus dem Ausland zurückkehrt: Der Übergang zwischen Studium und Arbeitsleben wird dadurch um Einiges komplizierter. Viele sind gezwungen, wieder bei ihren Eltern einzuziehen, weil sie sich keine Wohnung leisten können. Sozialer Wohnungsbau ist eine Randerscheinung, und spezifische Studierenden-Wohnungen sind Mangelware.


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