STRASSENTRANSPORT: Die einsamen MinisterInnen

Glaubt man den betroffenen MinisterInnen und dem Abschlussbericht der Transport- Enquêtekommission, sind Fälle à la Morby faktisch nicht zu verhindern.

Ausgesprochen dünn ist er geraten, der Abschlussbericht der „commision d’enquête ‚transports routiers internationaux'“ – dünn, sowohl was den 34-seitigen Umfang anbelangt, als auch was an politischer Quintessenz daraus gelesen werden kann. Der Verdacht, dass es sich hier um ein politisches Arrangement zwischen DP, LSAP (die in den vergangenen 30 Jahren das betroffene Ministerium innehatten) und der CSV (die es sich mit keinem potenziellen Koalitionspartner vermiesen will) handelt, ist schwer zu entkräften. Denn, was da an Erklärungsversuchen zusammengetragen wurde, lässt die politische Verantwortung der PolitikerInnen auf die Auswahl der richtigen Krawatte (resp. Halstuch) zum richtigen Anlass zusammenschrumpfen.

Robert Goebbels (LSAP), der wohl in der „heißesten“ Phase Transportminister war, nämlich zwischen 1989 und 1994, als das Ostgeschäft im Straßentransport mit all seinen zweifelhaften Begleiterscheinungen so richtig zu boomen begann, zitiert nur zu gern den einen Satz aus dem Enquête-Bericht, der da sagt: „A la suite des conclusions de cette enquête administrative, le Ministre de l’époque n’avait pas de possibilité d’agir ni en fait, ni en droit contre M. Jean Morby.“ Gemeint ist die verwaltungsinterne Untersuchung, die 1991 gegen Morby eingeleitet worden war und zu einem „non-lieu“ geführt hatte. Damals hatte es Presseartikel gegeben, die einen Zusammenhang zwischen einer Sonderbehandlung der Firma Botrans und besonderen Zahlungen an den Mamer Volleyball-Club, dessen Präsident Morby war, aufzeichneten. Jetzt, mehr als zehn Jahre später, ist gewusst, dass es auch in den Jahren danach ähnliche Verstrickungen gab, für die Morby im März 2003 rechtskräftig verurteilt wurde.

Von alledem wollen weder Goebbels, noch seine Vorgänger, noch seine NachfolgerInnen auch nicht das Geringste gewusst haben. Es ist heute nicht mehr nachzuvollziehen, weshalb es 1991 nicht möglich war, Morby etwas nachzuweisen. Musste aber die von Goebbels in diesem Zusammenhang angesprochene „présomption d’innocence“ soweit gehen, Morby weiterhin vollstes Vertrauen und auch die alleinige Aufsicht über ein Dossier zu lassen, bei dem Millionengeschäfte letztendlich vom Gutdünken von genau diesem Beamten abhingen? Die Vergabe der so genannten CEMT-Lizenzen, bei denen sich (ausländische) Transportfirmen über Luxemburg Anteile am osteuropäischen LKW-Transport-Aufkommen zuteilen lassen konnten, riecht doch förmlich nach Einflussnahme und Favoritismus. Dazu braucht es nicht einmal besonderer „clignotants“, wie sich der CSV-Fraktionssekretär mit Vorliebe ausdrückt.

JedeR GeschäftsführerIn eines mittelständischen Betriebs weiß, den Spruch Lenin’s „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ zu würdigen: Natürlich ist professionelles Arbeiten nur auf einer Vertrauensbasis möglich, es müssen aber an geeigneter Stelle auch Mechanismen zur Überprüfung der Entscheidungsprozesse eingebaut werden. Im Finanzbereich, zum Beispiel, gilt hier das Prinzip der vier Augen, die mehr sehen als zwei: Kein Kreditantrag, und sei es auch nur für eine Stereoanlage, der nicht von mindestens zwei BankerInnen unterschrieben wird.

Sind Luxemburgs MinisterInnen wirklich so schwach, dass sie sich auf Gedeih und Verderb den hohen Beamten ausliefern müssen? Und muss ein hoher Beamter erst auf frischer Tat ertappt werden, bevor er zur Rechenschaft gezogen werden kann? Wozu braucht es dann überhaupt noch einer Regierung, wenn die Wege und die politischen Entscheidungen derart vorgezeichnet sind, und es den MinisterInnen anscheinend unmöglich ist, Fehlentwicklungen vorzubeugen?

„Comme le service fonctionnait bien et qu’il n’y avait pas de réclamations de la part des professionnels du secteur, je ne me suis pas posé la question des critères de l’attribution des licences CEMT“, meinte Robert Goebbels gegenüber der Enquête-Kommission. Tatsächlich lief diese Abteilung „wie geschmiert“, und nicht einmal im übertragenen Sinne des Wortes. Doch enthebt das die politischen Akteure ihrer Verantwortung, das beste für das Allgemeinwohl anzustreben und auch zu verwirklichen?


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