„Thank You For Smoking“ ist eine recht harmlose, doch äußerst amüsante Satire über die Tabakindustrie und
deren Gegner.
Nick Naylor redet. Reden ist sein Job, und den beherrscht er wie kein Zweiter. Als sympathisches Gesicht der weniger sympathischen Academy of Tobacco Studies obliegt es Naylor, das Image der Tabakindustrie aufzupolieren, allen medizinischen Erkenntnissen und Statistiken über Krebserkrankungen zum Trotz. Bravourös manipuliert der Lobbyist bekannte Fakten, krempelt Meinungen um und spielt in Talkshows seine arglosen Gegner an die Wand. Keine Lüge ist so dreist, kein Fehlschluss so eklatant, dass Naylor sie nicht mit einem charmanten Lächeln an den potentiellen Kunden bringen könnte.
Was nach einer bitterbösen Satire klingt, entpuppt sich als nette Komödie. Anders als Filme wie „The Insider“ (1999), in dem die teils kriminellen Machenschaften der Tabakindustrie ans Licht gezerrt wurden, verfolgt „Thank You For Smoking“ keine aufklärerischen Ambitionen und verbietet sich jeden moralischen Gestus. Mit Enthüllungsjournalismus hat Regisseur Jason Reitman nichts am Hut. Was bliebe denn auch noch zu enthüllen? Gibt es überhaupt jemand, der ernsthaft an der Skrupellosigkeit der Tabakindustrie und der Schädlichkeit ihrer Produkte zweifelt? Die Fakten, die in „Thank You For Smoking“ vereinzelt eingestreut werden, dienen nur dazu, die Ausgangssituation unmissverständlich klarzustellen: Die Tabakkonzerne sind die bösen Teufel und Nick Naylor ihr engelszüngiger Anwalt. Was den Film so reizvoll macht, ist jedoch, dass das Böse so ungemein attraktiv und sexy rüberkommt.
Die schlechteste Figur machen nicht die gewissenlosen Manager, sondern die militanten Tabakgegner und Gutmenschen vom Dienst. Allen voran der humorlose und vertrocknete Senator Finistirre (William H. Macy in seiner Paraderolle als blutarmer Verlierertyp) und sein weinerliches Gefolge. Der Senator trägt Birkenstocksandalen und sammelt Ahornsirupflaschen. Der Übervater der Tabakindustrie, ein greiser Hedonist mit hemingwayschen Zügen, gespielt von Robert Duvall, bevorzugt maßgeschneiderte Anzüge und Mojitos. Vor allem aber verleiht Aaron Eckhardt der Figur des gnadenlos gut aussehenden Nick Naylor eine derart blendende Vitalität und, trotz allem Spin, einen liebenswürdigen und fast naiven Charakter, dass man sich als Zuschauer nur allzu gerne mit der Achse des Bösen solidarisiert.
Eckhardts Schauspiel überzeugt auf der ganzen Linie.
Allein schon seine Quarterback-Figur und sein makelloses Grinsen geben seiner Rolle als Erfolgsmensch Prägnanz. Während der anderthalb Stunden hält Eckhardt den Film zusammen, auch dann, wenn einzelne Handlungsstränge auseinanderzudriften drohen. An manchen Stellen, an denen verschiedene Ansätze kaum entwickelt und recht uneinheitlich aneinandergereiht werden, merkt man dem Film an, dass es sich um eine Buchadaption handelt. Als Vorlage diente ein Roman von Christopher Buckley. Doch was „Thank You For Smoking“ an Erzählrhythmus vermissen lässt, macht er durch ein ausgezeichnetes Casting, brillante Einzeiler und überragende Komik mehr als wett. Zu den gelungensten Szenen zählen die Treffen der Mod Squad (die Initialen stehen für Merchants of Death), bei denen Naylor mit einer Alkohollobbyistin und einem Vertreter der Waffenindustrie darüber streitet, wer die meisten Menschen auf dem Gewissen hat. Naylor gewinnt diesen Wettkampf übrigens mit links.
Die eigentliche Hauptprotagonistin des Films kommt hingegen ironischerweise gar nicht zum Zug: Im ganzen Film wird keine einzige Zigarette angezündet, geschweige denn geraucht. Um anzudeuten, dass Naylor selbst am Glimmstängel hängt, muss der Regisseur ihn frustriert auf eine leere Packung starren lassen. Im richtigen Leben haben die Bösen offenbar verloren. Zum Glück und trotz aller charmanter Nick Naylors der Welt.
Thank you for Smoking, im Utopolis