Sie fälschen zwar nicht des Führers Tagebücher, stattdessen müssen sie ihn mit Falschgeld eindecken. Der Film „Die Fälscher“ wagt einen Blick in eine bis dato unbekannte Perversion des Nazi-Reiches.
„Die Fälscher“, eine deutsch-österreichische Produktion, die zu den diesjährigen Favoriten in gleich mehreren Kategorien des Deutschen Filmpreises zählt, thematisiert die größte Geldfälscheraktion des Jahrhunderts. Das Ungewöhnliche daran: Es sind KZ-Häftlinge, die von ihren Unterdrückern zum Geld- und Wertpapierfälschen gezwungen werden.
Salomon Sorowitsch, der Protagonist dieses bis dato wenig bekannten Kapitels des Zweiten Weltkrieges, wird interpretiert von Karl Markovics. Ende der dreißiger Jahre genießt der jüdische Exilrusse dank seiner Fälschertalente ein fast unbeschwertes Ganoven-Leben. Er gilt als der beste Geldfälscher weltweit. Sein Glück findet jedoch ein jähes Ende als er verhaftet wird und im Arbeitslager Mauthausen landet. Trotzdem lernt er sich durchzuschlagen und seine Talente zu nutzen. Mit Porträts und Bildern gewinnt er die Gunst der SS-Offiziere und genießt Freiheiten, von denen seine Mitgefangenen nur träumen können. Als er später ins KZ Sachsenhausen verlegt wird, wähnt er seine privilegierte Sonderstellung, gar sein Leben, am Ende. Zu seinem Erstaunen wird er in eine Art Sondereinheit, Codename „Unternehmen Bernhard“, verlegt, eine professionell ausgerüstete Fälscherwerkstatt, getarnt als KZ-Baracke. Dieses Team von Graphikern, Druckern und Malern soll für die Nazis Papiere und ausländische Devisen fälschen, unter anderem englische Pfund und amerikanische Dollars. Verglichen mit ihren Mithäftlingen in den anderen Baracken leben sie in unerhörtem Luxus: Als Spezialisten sind sie den Nazis einiges an Privilegien wert. Sie haben ordentliche Betten, Duschen und saubere Kleider. Doch um ihr Leben müssen auch sie fürchten. Denn die Wächter geben ihnen regelmäßig zu verstehen, dass auch sie nur austauschbare, jüdische Zwangsarbeiter sind.
Sorowitsch, von ausgesprochen pragmatischer Natur, hat wenig Schwierigkeiten sich den Regeln anzupassen. Anders sein jüngerer Kollege Burger (August Diehl), dem Prinzipien wichtiger als Privilegien sind. Er kann die Augen nicht davor verschließen, dass in den anderen Baracken Menschen krepieren, während sie sich in ihrem goldenen Käfig der Illusion hingeben, davonkommen zu können. Der junge Mann versucht mit Sabotageakten, die Produktion der Dollarnoten zu verzögern und bringt damit sich und seine Mitarbeiter in Gefahr. Sorowitsch mag zwar von sich behaupten, er hätte das Zeug zum Märtyrer nicht, doch auch er denkt weiter als nur an sein eigenes Überleben und kümmert sich fürsorglich um seinen jungen Landsmann Kolya (Sebastian Urzendowsky).
Der Film dreht sich um diese zentrale Frage: Wie viel Integrität kann man opfern, wenn es um das nackte Überleben geht? Die einen als Opportunisten abzutun ist genau so unmöglich, wie Burger als einzigen „wahren“ Helden zu stilisieren. Doch in diese Falle ist der österreichische Regisseur Stefan Ruzowitzky nicht getappt und hält eine objektive Kamera auf eine unvorstellbare Situation. Ohne Pathos schaffen es die Schauspieler, die Zuschauer in die Baracken mitzunehmen und sie teilnehmen zu lassen am tagtäglichen Dilemma der KZ-Fälscher. Irgendwann fühlt sich der Zuschauer genötigt, sich die unmögliche Frage zu stellen: Wie hätte man selbst gehandelt? Stellvertretend ist es wohl Sorowitsch, der darauf die treffendste Antwort findet: „Ich werde sicher nicht den Nazis die Freude machen, mich für mein Überleben zu schämen.“