GEORGE W. BUSH: Krieg, Freude, Eierkuchen

Wer Außenpolitik betreibt, um innenpolitische Probleme zu übertünchen, kann eigentlich gleich zu Hause bleiben.

Die Show war gelungen, die Stimmung locker und die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Union sind wieder auf der Geschäftbasis von 2000 angelangt – so jedenfalls sieht es der US-Botschafter in Deutschland. Berufsdiplomaten sind Optimisten, sie müssen es ein. Was ist also wirklich passiert in den wenigen Tagen, in denen George W. Bush durch Europa gejettet ist?

Allein die Tatsache, dass Bush den europäischen Institutionen seine Aufwartung machte, wird als Anerkennung gewertet, denn als der Präsident vor zwei Jahren seine Allianz der Willigen in Sachen Irakkrieg zusammen bastelte, da suchte er sich seine Verbündeten noch einzeln heraus. Jetzt aber wurde die Rangordnung respektiert und die Umarmungen mit Ratspräsident Juncker, Kommissionschef Barroso und dem EU-Chefdiplomat Solana entsprechend dem Protokoll orchestriert.

Dass man sich in Brüssel nicht gegenseitig mit Vorwürfen überhäufen würde, wie in der Zeit vor und während des Irakkrieges, das war allerdings schon vorher klar. Die Charme-Offensive hatte ihren Anfang bereits mit der Reise der Außenministerin Condoleezza Rice genommen. Der Bush-Auftritt war demnach eigentlich nur eine Art krönender Abschluss. Nichts mehr erinnerte an den Spruch „Russland vergeben, Deutschland ignorieren und Frankreich bestrafen“ der ehemaligen Sicherheitsberaterin. Sogar Chirac darf demnächst mit einer Einladung auf Bushs Ranch rechnen, nur den Cowboyhut muss er sich noch besorgen.

Aber außer den ZweckoptimistInnen geben sich die meisten BeobachterInnen nüchtern bis enttäuscht. Es wird zwar wieder miteinander geredet, aber das Zuhören scheint noch nicht zu klappen. Die schlechten Witze, sind die alten geblieben, etwa wenn es darum geht, die „lächerliche“ Aussage, die USA wollten den Iran angreifen, zu entkräften und dann im gleichen Atemzug betont wird, es seien sämtliche Optionen – also auch die des militärischen Eingreifens – auf dem Tisch.

Ein Blick in die amerikanischen Medien macht deutlich: Das „Seid-nett-zueinander“- Spielchen treibt Bush vor allem, um die Kritikerinnen zu Hause milde zu stimmen. Der Irakkrieg hätte Bush fast um seine Wiederwahl gebracht. Nicht weil er ihn geführt hat, aber weil er weitaus teurer wurde, als er es seinen Landsleuten vorgerechnet hatte. Nur indem er versprach, die internationale Gemeinschaft wieder mit ins Boot zu nehmen und so einen Teil der Kosten umzuschichten, konnte er einen nicht unerheblichen Teil seiner Wählerschaft bei der Stange halten. Gewandelt hat er sich nicht, doch versucht er es mit einer neuen Strategie. Noch nimmt das Resultat sich bescheiden aus: Die Freunde aus der Nato sind dem neuen Charme erlegen und werden tausend irakische Soldaten ausbilden, das ist ein halbes Prozent der anvisierten Truppenstärke.

Auch beim Vorgehen gegen den internationalen Terrorismus wird von einem Gleichklang zwar geredet, doch meinen tun alle etwas anderes. Und die leidigen Umweltthemen, allen voran das Kyoto-Protokoll, sie führen allenfalls zu schön klingenden Erklärungen über technischen Fortschritt und gemeinsame Bemühungen. Ein Beitritt zum Protokoll wird es auch unter Bush II nicht geben.

Der Streit hat keiner Seite etwas gebracht, nur scheint die Überzeugung, gemeinsam mehr erreichen zu können, auch nicht sehr ausgeprägt zu sein. So lange Außenpolitik nur betrieben wird, um über innenpolitische Schwächen hinwegzutäuschen, so lange sind Umarmungsorgien wie in Brüssel, Mainz oder Bratislava eigentlich überflüssig. Die beiden mächtigsten Wirtschaftsblöcke der Welt bleiben auch nach den Erfahrungen des 11. September unfähig, die Probleme des 21. Jahrhunderts nachhaltig anzugehen.


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