Aktive Flüchltlingspolitik betreiben, heißt in Luxemburg vor allem eines: die Organisation der Ausweisungen optimieren. Nächster Schritt: ein Abschiebeknast.
Wenn jemand beschließt, seine Heimat zu verlassen und sein Glück woanders zu versuchen, mag er dies aus verschiedenen Gründen tun. Etwa, weil das Einkommen zu Hause gar nicht mehr oder nur noch unter der Existenzgrenze garantiert ist. Überlebensgefahr ist jedoch kein anerkannter Fluchtgrund – der so genannte Wirtschaftsflüchtling hat in der Europäischen Union keine Chance, Asyl zu bekommen. Dies und vieles mehr erfährt er oft erst, wenn er bereits Tausende Kilometer weit gereist ist und es kein Zurück mehr gibt.
Er stellt also im Ankunftsland einen aussichtslosen Asylantrag. Die erste Zeit verbringt der Flüchtling in einer Art „Schein“- Welt, sprich in einer der für Asylsuchende vorgesehenen Unterkünfte – bis sein Fluchtabenteuer schließlich wieder in der knallharten Realität landet: im Gefängnis in Schrassig.
Kein Einzelfall in Luxemburg. In Schrassig sitzen über 60 „sans papiers“ hinter Gittern. Ihr Vergehen: Oftmals haben sie keine Papiere, ihre Herkunft ist ungeklärt, das Herkunftsland weigert sich, die notwendige Bestätigung zu geben etc. Es ist deshalb schwierig, das richterliche Urteil der Abschiebung in die Praxis umzusetzen. Bis man handlungsbereit ist, werden sie in der Strafvollzugsanstalt eingesperrt.
Doch damit soll nun Schluss sein, kündigte der Regierungsrat vergangenen Freitag an. Für „étrangers en situation irrégulière“ wird nun ein „Centre de séjour provisoire“ gebaut. Das klingt vielleicht ganz gut, Abschiebeknast dürfte indessen der ehrlichere Begriff sein. Die wenigen Zeilen, die der Regierungsrat in seinem Communiqué über die neue Luxemburger Einrichtung für Flüchtlinge schrieb, machen das deutlich. Sie lassen aber auch viele Fragen offen.
Ob es sich etwa um ein Abschiebelager nach deutschem Muster handelt, bleibt unklar. Die Einrichtung in Nürnberg, die der bayrische Innenminister Günther Beckstein mitkonzipierte, wurde vor einigen Jahren immerhin auch von Luxemburgern interessiert besucht. Der knastähnliche Alltag ist so organisiert, dass er den Menschen vor allem das Heimkehren schmackhaft machen soll. In dem Containerbau, der von einem zwei Meter hohen Zaun umgeben ist, müssen sich Flüchtlinge zwei Mal die Woche den Fragen der Beamten nach ihrer Herkunft unterziehen. Wer nicht mitarbeitet, bekommt das Taschengeld von 40 Euro gestrichen. Hilfsorganisationen wird der Zugang gänzlich verwehrt.
Man darf gespannt sein, ob Luxemburger ONG im neuen Centre ein- und ausgehen dürfen. Auf die zahlreichen juristischen Grauzonen im Hinblick auf Abschiebe-Einrichtungen machte das Collectif Réfugiés Luxembourg in seiner Stellungnahme im Januar aufmerksam. Doch solche Bedenken dürften nur wenig bis gar nicht in das Konzept des neuen Projektes eingeflossen sein. Dafür spricht das einzige vom Regierungsrat angegebene Detail: Im neuen Centre dürften Familien mit Kindern maximal 72 Stunden festgehalten werden, so die Pressemitteilung. Das Collectif hatte sich hier für eine maximale Dauer von 48 Stunden ausgesprochen.
Vor allem eines wird in dem nun beschlossenen Novum der hiesigen Asylpolitik deutlich: Handlungsbedarf sieht auch diese Regierung vorrangig in der Organisation der Rückkehr der Flüchtlinge. Sie in Luxemburg besser zu empfangen oder ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern, stellt keine Priorität dar. Hier sieht auch der neue, für Flüchtlingsfragen zuständige Minister lieber tatenlos zu.
Seit Jahren fordern die Flüchtlingshilfsorganisationen einen Centre d’accueil, in dem Asylsuchende adäquater empfangen werden können als das in den aktuellen Einrichtungen möglich ist. In Flüchtlingsheimen wie dem Don Bosco herrschen seit Jahren unhaltbare Zustände. Statt dessen will der Staat nun ein Abschiebeknast bauen. Fazit: Die Asylpolitik des Hardliners Luc Frieden wird unter LSAP-Regie fortgesetzt.