DIE NATO IN MAZEDONIEN: Den Bock zum Gärtner gemacht

Wie schon im Kosovo-Konflikt soll die NATO in Mazedonien für dauerhaften Frieden sorgen. Ein weiteres Scheitern ist absehbar.

Der schwedische Friedensforscher Jan Oberg bezeichnete es als ein Wunder, dass Mazedonien den Kosovokrieg vor zwei Jahren physisch und politisch überhaupt überlebt hat. Ungefragt war das Land von der NATO zur Militärbasis und zum Flüchtlingslager umfunktioniert worden. Die gegen „Restjugoslawien“ verhängten Sanktionen trafen Mazedonien härter als irgendein anderes Land in der Region. Weil der Handel mit Belgrad fortan nur noch illegal betrieben werden konnte, entwickelte sich der Nährboden für eine kriminalisierte Außenhandelswirtschaft, kombiniert mit einer Veräußerung von Gemeineigentum. Konsequenz: Auch ohne direkte Kriegseinwirkung ist die mazedonische Wirtschaft „nachhaltig“ erledigt. Eine Entschädigung wurde dem jungen Staat bislang nicht einmal in Aussicht gestellt.

Doch damit nicht genug: Während es aus NATO-Kreisen hieß, die UCK sei entwaffnet, tauchten albanische militärische Einheiten in Mazedonien auf. Nachweislich operierten sie vom NATO-kontrollierten Kosovo aus, bezogen von dort ihre Waffen. Inzwischen treten diese Verbände offen als UCK-Truppen auf. Als im Juni 400 „Freiheits“-Kämpfer mitsamt ihren Waffen unter Geleitschutz von amerikanischen KFOR-Truppen aus der Umgebung von Skopje ins Kosovo zurückreisen konnten, wurden auch 17 ehemalige US-Offiziere gesichtet, die als Ausbilder der UCK-Kämpfer fungierten.

Kein Wunder also, dass nicht nur für die mazedonische Bevölkerung die NATO kaum glaubhaft als Friedensstifterin auftreten kann. Auch wenn die mazedonische Regierung offiziell die NATO eingeladen hat, das Einsammeln der UCK-Waffen vorzunehmen: Es ist offensichtlich, dass hier die falsche Truppe am falschen Ort zum Einsatz kommt. Hätten die NATO-Verbände ihre sich selbst auferlegten Hausaufgaben im Kosovo gemacht, wäre die Mazedonienkrise nicht die, die sie jetzt ist. Die schwächelnde mazedonische Regierung wird in den Augen der eigenen Bevölkerung dadurch ebenfalls nicht glaubwürdiger. Womit das von vielen herbeigesehnte Ziel, den Zerfall Mazedoniens zu verhindern, ebenfalls kaum erreicht werden wird.

Einmal mehr bewahrheitet sich, was schon im Kosovokonflikt galt: Ohne ein echtes UNO-Mandat sind Friedenseinsätze nicht nur zum Scheitern verurteilt, sie beinhalten sogar die Gefahr einer Eskalation des Konfliktes.

Um die NATO-SkeptikerInnen zu beruhigen wird darauf hingewiesen, der NATO-Ratsbeschluss sehe keine „militärische Erzwingung“ der Abgabe der Waffen seitens der UCK vor. Es handele sich also um eine politische und nicht eine militärische Vereinbarung. Im Kosovo-Konflikt wurde die UNO außen vor gelassen, weil sie anscheinend unfähig war, einen Frieden zu erzwingen. Jetzt wird die UNO nicht gebraucht, weil die Konfliktparteien „freiwillig“ eine Vereinbarung getroffen haben. Das Ergebnis lautet also jedesmal: Nichts als die NATO kann bei Konflikten zum Einsatz kommen. Die Chance eines Gegenbeweises seitens der Vereinten Nationen ist nicht gegeben.
Gegen den jüngsten Beschluss der NATO, nach Mazedonien zu marschieren, hatte keines der Mitgliedsländer etwas einzuwenden (nur das deutsche Parlament lässt sich noch etwas Zeit). So werden also heutzutage Kriegseinsätze legitimiert. Die demokratisch legitimierten Institutionen haben sich einmal mehr dem militärischen Komplex untergeordnet.


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