Neben dem Euro sollten die Luxemburger eigentlich noch einem anderen Projekt mit hoch integrativer Wirkung entgegenfiebern.
Auch ohne den 11. September wäre 2001 ein wohl eher schlechter Jahrgang geworden. Die wirtschaftlichen Probleme haben weltweit zu einem Stimmungsknick geführt, der sämtliche Regierungen, die sich jetzt Wahlen stellen müssen, bangen lässt. Die portugiesische Regierung wurde in den letzten Tagen des vergangenen Jahres durch ihr katastrophal schlechtes Abschneiden bei den Kommunalwahlen so sehr aus der Bahn geworfen, dass sie auf halber Strecke Neuwahlen ausschreiben ließ.
Auch in Luxemburg, dessen wirtschaftlichen Probleme (noch) nicht so schwer wiegen, ist die Stimmung eher mies. Neben dem Paukenschlag, den die Veröffentlichung der PISA-Studie hierzulande auslöste, dürfte wohl auch der drohende Kollaps in Sachen Verkehrspolitik die politische Debatte, nicht nur am Biertisch, anheizen. Und zumindest im letzten Punkt drängt sich ein Vergleich mit Portugal auf: Die Sozialisten haben in vielen Städten auch deshalb ihre Mehrheit eingebüßt, weil sie sozusagen vom Verkehr überrollt wurden.
Jetzt hat zwar die Autolobby politisches Kapital aus dem Chaos ziehen können, doch wissen auch konservative PolitikerInnen, dass es ohne ein attraktives Angebot im Bereich des öffentlichen Verkehrs keinen Ausweg gibt.
Ohne Not schlittert die Regierung Juncker/Polfer in ein Problem hinein, das eigentlich schon vor fast einem Jahrzehnt erkannt und in Form eines integrierten Verkehrskonzeptes in Angriff genommen werden sollte. Das Konzept hieß – zumindest am Anfang – „BTB 2002“. Neben der Einführung der gemeinsamen Währung hätte also auch verkehrspolitisch das Jahr 2002 zu einer Art Meilenstein in der Entwicklung unseres Landes werden können.
Nun, wir kennen die Geschichte. In einer Kombination von Halbherzigkeit (was einige der BefürworterInnen anbelangt) und Stimmungsmache (seitens der GegnerInnen) wurde das Projekt zunächst auf die lange Bank geschoben – irgendwann verschwand die Jahreszahl aus dem Projekttitel – um dann im Taumel der Gemeindewahlen von 1999 gänzlich tot geredet zu werden.
So war es möglich, dass bis zum Jahr 2002 nicht ein einziger Meter Schiene zusätzlich gelegt wurde. Andererseits sind die Zuwachsraten, die einmal als Argumentationshilfe für das BTB-Projekt herhielten, längst überholt. Die Quittung für diese Politik des Aussitzens zahlen einerseits die PendlerInnen, aber auch die AnwohnerInnen in den wirtschaftlichen Ballungszentren. Straßenbauliche Maßnahmen wie Umgehungsstraßen verlagern die Probleme, lösen können sie sie nicht.
Aber der BTB ist nicht tot. Der Verkehrsminister hat längst verstanden, dass Handlungsbedarf besteht. Und er scheint auch seine liberalen KollegInnen aus der Hauptstadt davon überzeugt zu haben, dass es ohne ein tramähnliches Konzept nicht geht. Zwar dürfen wir davon ausgehen, dass auch im Jahre 2005, wenn wieder Kommunalwahlen anstehen, noch immer keine Tram in Luxemburg-Stadt fährt, doch werden dann alle Vorbereitungen getroffen sein, eine Verbindung zwischen Kirchberg und dem Bahnhof sozusagen im Handstreich zu realisieren. Längst ist in ministeriellen Kreisen die Rede von einem Bahnhof in der Oberstadt – der am Glacisfeld eingerichtet werden soll. Ein „passage obligé du corridor pour le train-tram dans l’hypothèse d’une prolongation à partir de Luxembourg-Kirchberg“, heißt es hierzu in einer ministeriellen Note. Der DP-Verkehrsminister wird demnach – mit erheblicher Verspätung versteht sich – ermöglichen, was seine Partei über Jahre politisch hat versanden lassen. Mal so, mal so – liberale Politik eben.
Ein Kommentar von Richard Graf.