Luxemburg beteiligt sich an diversen Friedensmissionen,
von denen einige höchst diskutabel sind. Auch der Zweck
des Kongo-Einsatzes ist nicht so klar, wie es scheinen mag.
Wieder einmal soll ein internationaler Militäreinsatz die Sicherheit in einem Land verbessern, und wieder einmal ist Luxemburg dabei. Angesichts der fortschreitenden Militarisierung der internationalen Politik muss man nicht RadikalpazifistIn sein, um solche Einsätze grundsätzlich abzulehnen. Jede Intervention, auch die geplante EU-Kongo-Mission, trägt dazu bei, Gewalt als Mittel der Politik hoffähig zu machen.
Doch einseitig negativ ist die Bilanz der so genannten Friedensmissionen nicht. Die Sfor- und Kfor-Einsätze in Bosnien und im Kosovo, an denen Luxemburg beteiligt ist, haben die Voraussetzungen für eine Normalisierung in diesen Ländern geschaffen – leider wurde verpasst, die zivilgesellschaftlichen Kräfte zu stärken. Vorzeigeland für erfolgreiche Interventionen ist Mazedonien, wo eine EU-Truppe die Durchsetzung eines Abkommens zwischen der mazedonischen und der albanischen Bevölkerungsgruppe unterstützte. So konnte 2001 ein sich bereits abzeichnender Bürgerkrieg verhindert werden.
Verständlich, dass Armeeminister Jean-Louis Schiltz einen ähnlich gearteten Einsatz im Kongo befürwortet. In der Hauptstadt Kinshasa sollen bis zu 1.500 EU-SoldatInnen die ersten freien Wahlen seit über 40 Jahren absichern. Eine Luxemburger Beteiligung an diesem Einsatz sei ein Zeichen internationaler Solidarität, so der Minister. Schiltz, auch für die Kooperation zuständig, ist überzeugt, dass sich die beiden Ressorts ergänzen: „Keine Entwicklung ohne Sicherheit.“
Diese Sicherheit könnte sich für die kongolesische Bevölkerung bald als leeres Versprechen entpuppen. Sollte es bei den Wahlen zu Unruhen in der Millionenstadt Kinshasa kommen, so könnten ein paar Hundert EU-SoldatInnen wenig ausrichten. Ein europäisches Eingreifen im Osten des Landes, wo der Bürgerkrieg tobt, ist sowieso nicht vorgesehen. Das erhärtet den Vorwurf, der Einsatz sei vor allem als Manöver für die erste europäische Battlegroup gedacht. Die eingesetzten Mittel erscheinen zu gering, um etwas zu bewirken – anders als bei den erfolgreichen Balkan-Einsätzen.
Ein weiteres Charakteristikum der Balkan-Einsätze war das Einverständnis der wichtigsten Konfliktparteien. Im Kongo wird die Präsenz der europäischen Truppen vor allem von Präsident Joseph Kabila begrüßt. Offiziell beruht die Mission auf einer Anfrage von UN-Generalsekretär Kofi Annan, doch eigentliche Initiatorin ist die französische Afrika-Diplomatie. Ob die geplanten Wahlen das Land voranbringen, ist angesichts fortdauernder Gewalt und Korruption zweifelhaft. Unter anderem wird Etienneß
Tshisekedi, Leader der größten nicht militarisierten
Oppositionspartei, voraus- sichtlich zu einem Wahlboykott aufrufen.
So ähnelt der Kongo-Einsatz anderen, weniger glorreichen Militärinterventionen, an denen Luxemburg personell oder finanziell beteiligt ist. Die ISAF in Afghanistan und die Nato-Trainingsmission im Irak berufen sich zwar auf UN-Resolutionen. Doch die Invasion der beiden Länder und die anschließende Besatzung stehen völkerrechtlich gesehen auf wackligen Füßen. Und von einem Einverständnis der wichtigsten Konfliktparteien kann keine Rede sein, wie der fortdauernde Guerillakrieg zeigt. Diese Einsätze haben kaum mehr etwas mit Blauhelm-Missionen zu tun, sondern gleichen zusehends kolonialen Operationen, bei denen es weniger um Frieden als um Interessenwahrung geht.
Auch hat der Kongo große geostrategische Bedeutung. Der Militäreinsatz, an dem Luxemburg teilnimmt, steht unter dem Verdacht, machtpolitischen Interessen zu dienen: für Europa oder Frankreich, gegen China oder die USA. Eine Beteiligung an Missionen, die sich Sicherheit und Entwicklung auf die Fahnen schreiben, würde glaubwürdiger, wenn sich Luxemburg und die EU von anderen, völlig diskreditierten Operationen distanziert.